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Bis auf ganz wenige Ausnahmen können in Deutschland keine Abfindungen eingeklagt werden. Trotzdem enden viele Gerichtsverfahren in einem Abfindungsvergleich. Warum das so ist, wem Abfindungen zustehen und welche Rolle Sie als Personalrat dabei spielen, zeigt Ihnen dieser Beitrag.
Kündigungen durch den Dienstherrn ziehen fast immer ein Arbeitsgerichtsverfahren nach sich. Oder der Dienstherr versucht, gleich einen Aufhebungsvertrag mit dem betroffenen Kollegen abzuschließen, und ködert ihn mit einer Abfindung.
Kein gesetzlicher Anspruch auf eine Abfindung
Die gesetzliche Regelung sieht keinen Anspruch auf eine Abfindung vor. Falls ein Kollege oder eine Kollegin gegen eine Kündigung klagt, geht es immer darum, dass festgestellt wird, dass
- die Kündigung unwirksam ist und
- der Kollege weiterbeschäftigt wird.
Eine Abfindung gibt es nur, wenn beide Parteien zustimmen. Ihr Kollege oder Ihre Kollegin muss also bereit sein, gegen Zahlung einer Abfindung auf den Arbeitsplatz zu verzichten, und der Dienstherr muss bereit sein, dafür Geld zu zahlen.
Frage: Warum soll Ihr Dienstherr im Fall einer Kündigung dem Arbeitnehmer noch eine Abfindung zahlen, obwohl er dazu nicht verpflichtet ist?
Lösung: Ihr Dienstherr möchte Rechtssicherheit. Durch einen Vergleich und die Zahlung einer Abfindung weiß er, dass das Klageverfahren beendet ist und er den Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin nicht wieder einstellen und keinen Lohn nachzahlen muss.
Hier wird es mit der Abfindung schwierig
Wenn der Dienstherr kein oder nur ein sehr geringes Risiko bei der Wirksamkeit der Kündigung zu befürchten hat, wird er in der Regel auch keine Abfindung zahlen. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn
- der Arbeitnehmer selbst gekündigt hat,
- der Arbeitnehmer eine ihm gegenüber ausgesprochene Kündigung widerstandslos hinnimmt,
- der Arbeitnehmer um eine vorzeitige einvernehmliche Vertragsaufhebung gebeten hat,
- das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers noch keine 6 Monate bestanden hat. Hier gibt es nämlich noch keinerlei Kündigungsschutz für den Arbeitnehmer. Eine Ausnahme besteht nur für schwangere Mitarbeiterinnen.
- im Kleinbetrieb in der Regel 10 oder weniger Arbeitnehmer beschäftigt sind. Hier findet das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) keine Anwendung.
Pflicht zur Zahlung einer Abfindung
Nur in Ausnahmefällen ist eine Abfindung verpflichtend. Solch eine Zahlungsverpflichtung kann sich aus verschiedenen Rechtsgrundlagen ergeben:
- bei tarifvertraglichen Regelungen
- bei Sozialplänen
- bei betriebsbedingten Kündigungen nach § 1a KSchG
- im Fall von Nachteilsausgleichsansprüchen
- Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch Urteil
- falls der Dienstherr die Zahlung einer Abfindung verbindlich zugesagt hat
Aufhebungsvertrag mit Abfindungsregelung
Jedes Arbeitsverhältnis kann jederzeit durch einen einvernehmlichen Aufhebungsvertrag beendet werden. Der Aufhebungsvertrag spielt deshalb in der Praxis eine besonders wichtige Rolle.
Folgende Punkte zum Aufhebungsvertrag mit Abfindungsregelung sollten Sie als Personalrat kennen:
- Durch einen frühzeitig geschlossenen Aufhebungsvertrag mit Abfindungsregelung möchte sich der Dienstherr in aller Regel einen teuren Kündigungsschutzprozess ersparen.
- Einen Aufhebungsvertrag kann der Dienstherr jederzeit mit jedem Mitarbeiter oder Auszubildenden abschließen.
- Den Kündigungsschutz muss Ihr Dienstherr nicht beachten.
- Ebenso wenig muss der Dienstherr Kündigungsfristen einhalten.
- Sie als Personalrat sind nur nach einigen wenigen Personalvertretungsgesetzen in einigen Bundesländern zu beteiligen.
- Geht die Bitte nach einem Aufhebungsvertrag vom Kollegen aus, muss der Dienstherr keine Zeit zum Überlegen einräumen.
- In aller Regel zieht der Abschluss eines Aufhebungsvertrages eine Sperrzeit von 12 Wochen beim Bezug des Arbeitslosengeldes nach sich.
- Die Abfindungshöhe ist frei verhandelbar.
Die Höhe der Abfindung
Es gibt keine festen Regeln über die Höhe einer Abfindung, sodass es dem Verhandlungsgeschick jedes Kollegen überlassen ist, welche Summe er aushandelt. Allerdings gibt es eine Faustformel in der Praxis: Als sozialer Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes ist eine Abfindung in der Höhe eines halben Bruttomonatsgehalts pro Beschäftigungsjahr angemessen.
Höhe der Abfindung
Die zu zahlende Abfindung kann im Einzelfall jedoch auch wesentlich höher oder niedriger ausfallen. Einige Dienstherren sind vielleicht bereit, pauschal nur maximal 500 € zu zahlen, und manche Kolleginnen und Kollegen sind nicht bereit, unter 30.000 € aus dem Arbeitsverhältnis auszuscheiden. Die Bandbreite der Höhe der Abfindung kennt keine Grenzen. Maßgeblich sind dabei auch
- die Dauer des Arbeitsverhältnisses,
- die möglichen Erfolgsaussichten eines Kündigungsschutzprozesses,
- gegebenenfalls der besondere Kündigungsschutz,
- die finanziellen Möglichkeiten des Dienstherrn,
- die Qualifikation des Arbeitnehmers bzw. der Arbeitnehmerin,
- die Vermittlungschancen des Arbeitnehmers bzw. der Arbeitnehmerin auf dem Arbeitsmarkt sowie
- das Interesse des Dienstherrn an der Trennung von dem betroffenen Kollegen oder der Kollegin.
Gesetzlicher Abfindungsanspruch bei betriebsbedingten Kündigungen
In § 1a KSchG finden Sie zusätzlich eine Regelung, die einen Abfindungsanspruch auslöst. Diese Fallkonstellation muss dafür vorliegen:
- Ausspruch einer arbeitgeberseitigen Kündigung aus betriebsbedingten Gründen
- Hinweis des Dienstherrn im Kündigungsschreiben, dass die Kündigung auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützt ist und der Arbeitnehmer bei Verstreichen lassen der Klagefrist eine Abfindung beanspruchen kann
- Die Abfindungshöhe ist in § 1a Abs. 2 KSchG festgelegt und ist im Grundsatz die oben bereits aufgezeigte Regelabfindung.
- Verzicht des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin auf das Erheben einer Kündigungsschutzklage innerhalb der 3-Wochen-Frist nach § 4 Satz 1 KSchG
Ihre Mitbestimmungsrechte als Personalrat
Bei der Höhe einer möglichen Abfindungszahlung haben Sie leider keine Mitbestimmungsrechte. Nach einigen Personalvertretungsgesetzen der Länder haben Sie jedoch ein Mitbestimmungsrecht beim Abschluss eines Aufhebungsvertrags.
In der Praxis ist Ihr Recht allerdings faktisch eingeschränkt. Möchte ein Kollege einen solchen Aufhebungsvertrag unterschreiben, was sollen Sie dann noch dagegen tun? Es erscheint wenig hilfreich, dem Kollegen, der aus dem Dienstverhältnis ausscheiden möchte, noch Steine in den Weg zu legen. Ausnahme: Er erhält eine wesentlich höhere Abfindung als Kollegen.
Checkliste: Aufhebungsvertrag mit Abfindung – alles okay?
- Wurde die Schriftform eingehalten?
- Hat sich der Kollege über die sozialrechtlichen Folgen ausreichend Gedanken gemacht?
- Wird die Kündigungsfrist eingehalten, da andernfalls die Abfindung beim Arbeitslosengeld angerechnet wird?
- Ist die Abgeltung der restlichen Urlaubstage mit vereinbart worden?
- Weiß der Kollege, dass er sich binnen 3 Tagen bei der Arbeitsagentur zu melden hat?
- Ist die Abfindung angemessen (mindestens 1/2 Bruttomonatsgehalt x Beschäftigungsjahre)?

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