Achtung: Befangenheit führt zu nichtigen Beschlüssen

01. Februar 2024
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Achten Sie bei der Beschlussfassung aber bitte nicht nur auf die Formalien, sondern vor allen Dingen auch darauf, dass nur beschlussberechtigte Mitglieder des Personalratsgremiums an der Beschlussfassung teilnehmen. Alles andere würde Ihren Beschluss unwirksam machen – und das will wohl keiner (Bundesverwaltungsgericht, 19.10.2015, Az. 5 P 11/14).

Personalratsmitglied bewirbt sich auf eine ausgeschriebene Beförderungsstelle

Der Fall: Ein Beamter der Bundesagentur für Arbeit (BA) und freigestelltes Personalratsmitglied bewarb sich auf eine von der BA ausgeschriebene Beförderungsstelle. Beworben hatten sich auch andere Bewerber. In dem Auswahlvermerk wurden 2 Bewerberinnen als geeignet eingestuft, der freigestellte Beamte und die anderen Mitbewerber jedoch als nur bedingt geeignet.

Am 17.10.2012 beschloss der Personalrat über die Einstellung einer der geeigneten Bewerberinnen. Er lehnte die Einstellung ab, der freigestellte Beamte stimmte mit ab. Die Betroffene ließ sich das nicht gefallen und rügte die fehlerhafte Beschlussfassung. Schließlich hatte der Mitbewerber mit über ihre Einstellung abgestimmt, damit liege ein Fall von Befangenheit vor. Sie legte die Angelegenheit der Trägerversammlung vor. Diese billigte die Einstellung der Bewerberin, sodass die ausgewählte Beamtin ihren Dienst antreten konnte. Nunmehr wiederum wollte der Personalrat eine gerichtliche Entscheidung erwirken, die feststellen sollte, dass ein Beschluss des Personalrats auch dann wirksam ist, wenn an der Beschlussfassung ein Personalratsmitglied teilnimmt, das selbst als Bewerber am Auswahlverfahren beteiligt war und dann aber nicht eingestellt wurde. Der Fall landete also vor Gericht.

Richter sehen Verfahrensfehler

Das Urteil: Das Personalratsgremium scheiterte vor Gericht. Die Teilnahme des Mitbewerbers an der Beschlussfassung ist ein schwerwiegender offensichtlicher Verfahrensfehler. Der Personalratsbeschluss ist damit nichtig.

Fazit: Betroffene Mitglieder des Gremiums dürfen nicht mitbestimmen


Bewirbt sich ein Mitglied des Personalrats auf eine freie Stelle in der Dienststelle, darf er nicht am Anhörungs- und Zustimmungsverfahren über die Stellenbesetzung teilnehmen. Die Befangenheit liegt hier auf der Hand. Dies gilt auch dann, wenn die anderen Bewerber als „besser qualifiziert“ einzustufen sind, der Personalrat also aller Wahrscheinlichkeit nach nicht eingestellt wird. Denn ob dies wirklich der Fall ist und ob er am Schluss nicht doch zum engeren Kandidatenkreis gehört, kann er nicht von Anfang an überblicken. Die Befangenheit ist gegeben, die Teilnahme an der Beschlussfassung macht den Beschluss nichtig!

Sagen Sie im Gremium entschieden Nein zur Abstimmung in eigenen Angelegenheiten!

Es gibt viele Angelegenheiten, in die ein Personalratsmitglied selbst involviert sein kann. Zum Beispiel, wenn es um die eigene Höhergruppierung geht oder gar um den Ausschluss des Personalrats oder auch, wenn über die Einstellung oder Kündigung eines Familienmitglieds entschieden werden soll. Die Frage, die sich dann bei der Abstimmung stellt, ist, ob dieses Mitglied in den eigenen Angelegenheiten mitbestimmen darf oder nicht.

Befangener muss den Raum verlassen

Die Antwort lautet ganz klar: Nein, auf gar keinen Fall. Ist ein Mitglied des Personalratsgremiums befangen, darf es weder an der Beratung noch an der Beschlussfassung zu dieser Angelegenheit teilnehmen bzw. mit abstimmen. Besprechen Sie in einer Sitzung mehrere Angelegenheiten, muss das betroffene Mitglied zu dem Zeitpunkt, zu dem „seine“ Angelegenheit besprochen wird, aufgefordert werden, den Saal zu verlassen. Kommt er dem nicht nach, kann zu diesem Punkt nicht abgestimmt werden.

Würde das Mitglied im Raum bleiben, würde eine freie Meinungsbildung innerhalb des Gremiums verhindert. Denn kaum ein Personalratskollege würde dann wirklich offen diskutieren und auch – für den Betroffenen – Unliebsames aufs Tapet bringen. Ihr Vorsitzender muss für diesen Punkt ein Ersatzmitglied laden, das das befangene Mitglied vertritt. Wirkt das befangene Mitglied hingegen mit, ist der Beschluss rechtswidrig. Ist der „prekäre“ Punkt dann abgehandelt, kann das betroffene Mitglied des Personalrats wieder hereingerufen werden und über die anderen Punkte mit beraten und natürlich auch abstimmen.

Wichtig: Hier liegt keine Befangenheit vor

Keine Befangenheit liegt in den folgenden Fällen vor:

– Wahlen des Gruppensprechers,
– Wahlen des Vorsitzenden und Stellvertreters,
– Festlegung von Freistellungen,
– Fassen von Entsendebeschlüssen für Schulungen und Fortbildungen.

Hier darf das kandidierende bzw. betroffene Personalratsmitglied mit abstimmen – und sich auch selbst wählen. So wie einst schon Konrad Adenauer, ehemaliger Bundeskanzler der BRD.

Nichtigkeit
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