Arbeitszeugnis – lassen Sie Ihren Dienstherrn nicht machen, was er will!

25. Januar 2024
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Bei einem Arbeitszeugnis kommt es nicht nur darauf an, dass man es bekommt, sondern vielmehr auch darauf, wie es inhaltlich gestaltet ist und in welcher Form man es bekommt. Schließlich möchten sich Beschäftigte mit dem Arbeitszeugnis bewerben, ihr berufliches Fortkommen hängt also maßgeblich davon ab. Anschaulich wird das an folgendem Fall (Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg, 28.11.2023, Az. 26 Ta 1198/23):

Arbeitszeugnis ohne Briefkopf des Arbeitgebers

Der Fall: Ein Arbeitgeber wurde in einem gerichtlichen Vergleich im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens dazu verpflichtet, einer Arbeitnehmerin ein Zeugnis zu erteilen. Ausstellungsdatum 30.9.2022. Die Arbeitnehmerin durfte einen Zeugnisentwurf übersenden, von dem der Arbeitgeber nur aus wichtigem Grund abweichen dürfe. Die Arbeitnehmerin erhielt das Zeugnis am 15.10.2022. Ein weiteres Zeugnis folgte am 15.5.2023 nach dem Entwurf der Arbeitnehmerin. Aber: Das Zeugnis war nicht auf dem Briefkopf des Arbeitgebers erstellt, und es wurde unterzeichnet mit „i.A. des Arbeitsgerichts, Berlin 15.5.2023“ und folgender Zusatz wurde eingefügt: „Zeugnis erstellt durch Rechtsanwältin A.“. Der Fall landete erneut vor Gericht. Der Arbeitgeber stellte sich auf den Standpunkt, dass die Arbeitnehmerin keinen Anspruch darauf habe, dass das Zeugnis auf Geschäftspapier erstellt wird.

Das Urteil: Damit ging der Arbeitgeber aber baden. Wird in einem Berufszweig üblicherweise im geschäftlichen Verkehr ein Firmenbogen oder Briefkopf eingesetzt und setzt auch der Arbeitgeber solch ein Firmenbriefpapier ein, dann muss er auch ein Arbeitszeugnis auf diesem gestalten. Der Arbeitgeber muss also erneut ein Zeugnis ausstellen.

So muss jedes Arbeitszeugnis aufgebaut sein:

Wie muss aber ein Zeugnis gestaltet sein, worauf müssen Sie achten, wenn Sie Ihr Zeugnis kontrollieren? Ich habe Ihnen im Folgenden die wichtigsten Punkte zusammengestellt:

Einleitung

Hierher gehören Angaben wie Vorname, Familienname, Geburtsdatum, Geburtsort, akademische Titel, der Beginn und ggf. auch das Ende des Beschäftigungsverhältnisses.

Aufgabenbeschreibung

Hier werden Ihre Aufgaben seit Beginn Ihres Arbeitsverhältnisses dargestellt. Es geht also um eine Beschreibung Ihres Arbeitsplatzes und Ihrer Funktionen dort. Es ist einhellige Rechtsprechung, dass es allein Sache Ihrer Dienststellenleitung ist, das Zeugnis sprachlich zu gestalten, also die Formulierungen selbst zu wählen – natürlich jeweils im Rahmen der rechtlichen Vorgaben (Bundesarbeitsgericht (BAG), 16.10.2007, Az. 9 AZR 248/07). Dennoch können Sie bzw. der betroffene Beschäftigte Formulierungen anregen. Oft lassen sich Dienststellen auch darauf ein, dass ein Beschäftigter das Zeugnis selbst ausformuliert und die Dienststelle diese Formulierung einfach auf ihr Briefpapier übernimmt und unterschreibt. Der Hintergedanke ist einfach: Die Dienststelle spart sich Arbeit und Streit. Denn der Beschäftigte wird ja nicht um seine eigenen Formulierungen streiten wollen.

Leistungsbeurteilung

Die Leistungsbeurteilung betrifft die Frage, wie gut Sie bzw. der betroffene Beschäftigte seine Aufgaben erledigt hat. Sie enthält beispielsweise Aussagen über die Leistungsbereitschaft, die Arbeitsbefähigung, die Arbeitsweise, die Arbeitserfolge (Qualität) sowie eine zusammenfassende Wertung.

Wichtig ist hier auch, dass eventuelle berufs- oder branchenspezifische Besonderheiten erwähnt werden, soweit dies üblich ist – etwa die Belastbarkeit in Stresssituationen bei einem Zeitungsredakteur (BAG, 12.8.2008, Az. 9 AZR 632/07).

Die Bescheinigung von Fleiß, Sorgfältigkeit, Zuverlässigkeit sowie einer überdurchschnittlichen Auffassungsgabe ist hingegen nicht rechtlich notwendiger Bestandteil eines Zeugnisses, so das Arbeitsgericht (ArbG) Aachen (16.5.2007, Az. 6 Ca 2800/06).

Verhaltensbeurteilung

Unter dem Ausdruck „Führung des Mitarbeiters“ werden sein Sozialverhalten, seine Kooperations- und Kompromissbereitschaft, sein Führungsverhalten und -stil verstanden. Es geht also um die Beurteilung des gesamten dienstlichen Verhaltens eines Arbeitnehmers – zu Vorgesetzten, Arbeitskollegen und eventuell Kunden, Patienten, Lieferanten usw. (ArbG Köln, 15.5.2006, Az. 9 Ca 5675/05).

Schlussformulierung

Hier geht es darum, wie das Beschäftigungsverhältnis beendet wurde (z. B. einvernehmlich oder auf eigenen Wunsch), um den Beendigungstermin (soweit in der Einleitung noch nicht genannt), ggf. Dank für die Zusammenarbeit, Bedauern über das Ausscheiden und Wünsche für die Zukunft.

Wichtig: Auf qualifiziertem Zeugnis bestehen

Allgemein wird zwischen einem einfachen und einem qualifizierten Zeugnis unterschieden. Ein einfaches Zeugnis bescheinigt im Grunde nur die Dauer der Beschäftigung, weswegen die Mitarbeiter in der freien Wirtschaft meist ein qualifiziertes Zeugnis verlangen. Auch Sie bzw. Ihre Kollegen sollten sich nicht mit einem einfachen Zeugnis abspeisen lassen, denn auch der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst verpflichtet Ihre Dienststellenleitung ganz klar zur Ausstellung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses.

Das sagt der TVöD

Als Beschäftigter im öffentlichen Dienst ist für Sie der TVöD maßgeblich. § 35 TVöD unterscheidet 3 Zeugnisarten: Zwischenzeugnis, Endzeugnis und vorläufiges Zeugnis.

  • Endet Ihr Beschäftigungsverhältnis, haben Sie nach § 35 Abs. 1 TVöD Anspruch auf ein qualifiziertes Endzeugnis. Ihre Dienststellenleitung muss dies unverzüglich – das heißt ohne schuldhaftes Verzögern – ausstellen.
  • Befinden Sie sich in einem gekündigten Beschäftigungsverhältnis und ist die Kündigungsfrist noch nicht abgelaufen, haben Sie einen Anspruch auf ein vorläufiges Zeugnis, das Sie zu Bewerbungszwecken nutzen können.
  • Möchten Sie den Arbeitsplatz wechseln oder werden Sie höhergruppiert, dann lassen Sie sich über Ihre bisherige Tätigkeit ein Zwischenzeugnis erteilen. So können Sie Ihre bisherigen Leistungen dokumentieren. Nach § 35 Abs. 2 TVöD haben Sie einen Anspruch auf ein Zwischenzeugnis bei Vorliegen triftiger Gründe.

Ein triftiger Grund liegt etwa vor, wenn Ihr Vorgesetzter wechselt oder Sie in eine andere Abteilung versetzt werden. Denn in beiden Fällen können Ihre neuen Vorgesetzten keine Auskunft über Ihre bisherige Tätigkeit geben. Sie laufen Gefahr, vielleicht schlechter beurteilt zu werden, als Sie tatsächlich waren. Das sollten Sie vermeiden!

Dienststellenleitung hat keine Bringschuld

Was Sie beim Arbeitszeugnis unbedingt auch beachten sollten: Ihre Dienststellenleitung muss es Ihnen nicht nach Hause schicken. Vielmehr müssen Sie es sich in der Dienststelle zusammen mit Ihren anderen Arbeitspapieren abholen.

Ausnahme: Sie können das Zeugnis und die Papiere nicht abholen, weil Sie zum Beispiel weggezogen oder so schwer erkrankt sind, dass das Abholen unmöglich wird. Dann muss die Dienststelle Ihnen die Papiere selbstverständlich zuschicken.

Das Zeugnis darf Ihre Dienststellenleitung zum Versand aber nicht knicken bzw. nur so, dass auf einer Kopie keine Falze zu erkennen sind. Denn das entwertet das Zeugnis. Grundsätzlich muss Ihnen das Zeugnis also ungeknickt zugeschickt werden, am besten in einem Briefkuvert mit verstärktem Rücken.

Wichtig: einheitliche Versandregelung

Regen Sie diese Versandart doch bei Ihrer Dienststellenleitung an. Das Zeugnis wird optimal geschützt versendet und so erspart sich Ihre Dienststellenleitung ganz einfach, ohne viel Mehraufwand lästige Streitereien um Knicke und Falze.

Das Auge isst mit

Achten Sie zudem immer darauf, dass Ihre Dienststellenleitung bestimmte formelle Kriterien beim Zeugnis einhält. Tut sie dies nicht, ist das Zeugnis entwertet.

Worauf genau zu achten ist, lesen Sie in der nebenstehenden Übersicht:

Übersicht: Formalien des Zeugnisses

Übersicht: Formalien des Zeugnisses
Geschäftspapier/ Briefbogen der DienststelleHaben Sie ein solches Papier in Ihrer Dienststelle im Einsatz (was der Normalfall sein dürfte)? Dann muss Ihre Dienststellenleitung das Zeugnis auch auf dem Briefbogen erstellen.
FormDie Abfassung des Zeugnisses in elektronischer Form (also etwa per E-Mail) ist gesetzlich ausdrücklich ausgeschlossen, § 109 Abs. 3 Gewerbeordnung.
BriefkopfDas Adressfeld des Zeugnisses darf nicht die Anschrift des Arbeitnehmers enthalten. Ansonsten könnte der Eindruck erweckt werden, dem Arbeitnehmer sei das Zeugnis erst nach einer (gerichtlichen) Auseinandersetzung postalisch übermittelt worden, so das Arbeitsgericht (ArbG) Aachen (16.5.2007, Az. 6 Ca 2800/06).
Vorname und NachnameIhre Dienststellenleitung muss den Namen des Mitarbeiters richtig schreiben.   Daraus lässt sich auch ableiten, dass das Zeugnis keine Radierungen, Ausbesserungen oder sonstigen Schreibfehler enthalten darf.
BeendigungsdatumAuch das Datum, zu dem das Arbeitsverhältnis rechtlich beendet wurde, muss stimmen.
AusstellungsdatumHier muss Ihre Dienststellenleitung den Tag des Ablaufs der Kündigungsfrist bzw. den Tag der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses angeben, auch wenn das Zeugnis erst später ausgestellt wird (ArbG Aachen, 16.5.2007, Az. 6 Ca 2800/06). Das Ausstellungsdatum muss mit dem Beendigungsdatum zusammenfallen.
UnterschriftDas Zeugnis muss unterschrieben sein und einen maschinenschriftlichen Namenszug enthalten.
KnickIhre Dienststellenleitung darf das Zeugnis auch 2-mal falten, um es in einem Geschäftsumschlag üblicher Größe unterzubringen. Das gilt aber nur, wenn das Originalzeugnis kopierfähig ist und die Knicke im Zeugnisbogen sich nicht auf den Kopien abzeichnen, etwa durch Schwärzungen.
Wichtig: Übersicht ins Intranet stellen

Stellen Sie diese Übersicht Ihren Kolleginnen und Kollegen auch im Intranet zum Abruf bereit. Dann können diese immer prüfen, ob das erteilte Zeugnis auch allen wesentlichen Formalien entspricht.

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