BPersVG: Beschluss ist Pflicht!

01. Februar 2024
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Als Personalrat wissen Sie, dass fast jeder Entscheidung des Personalratsgremiums ein wirksamer Beschluss zugrunde liegen muss. Ganz egal, ob es um die Zustimmung zur Kündigung, um die Entsendung eines Mitglieds auf eine Schulung oder um die Einstellung eines Kollegen geht: Ohne Beschluss geht hier gar nichts! Dem Beschluss wiederum muss eine Meinungsbildung im Gremium vorausgehen.

Den Beschluss selbst können Sie nur auf einer Personalratssitzung fassen, zu der die Personalratsmitglieder ordnungsgemäß geladen sind.

So weit, so gut, doch wenn es um die elektronische Beschlussfassung geht, kommt der eigentliche Knackpunkt in § 37 Abs. 1 Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG). Denn dieser setzt für eine wirksame Beschlussfassung die Mehrheit der Stimmen der in der Sitzung anwesenden Personalratsmitglieder voraus. Und anwesend heißt ja bekanntermaßen körperlich im Raum. Nicht jeder Personalrat hat aber immer die Zeit, zu den Sitzungen zu erscheinen. Es stellt sich also die Frage, wie „körperlich im Raum“ ersetzt werden kann.

Ist eine Beschlussfassung im Umlaufverfahren denkbar?

Das Umlaufverfahren funktioniert so: Der Personalratsvorsitzende versendet eine Beschlussvorlage an die einzelnen Personalratsmitglieder. Diese haben dann die Möglichkeit, über den Beschluss abzustimmen, indem sie ein Ja oder Nein ankreuzen oder sich enthalten.

Klingt nach einer einfachen Lösung. Ist es aber nicht. Denn wie gesagt setzt eine wirksame Beschlussfassung die vorherige Beratung voraus. Es muss die Möglichkeit zum direkten Einfluss auf die Willensbildung der anderen gegeben sein. Dies ist im Umlauf nicht der Fall. Es kann nicht gewährleistet werden, dass die Abstimmenden überhaupt wissen, worum es geht. Daher scheidet das Umlaufverfahren zur wirksamen Beschlussfassung aus.

Das heißt für Sie: Eine ordnungsgemäße Beschlussfassung kann im Umlaufverfahren nicht erfolgen – erst recht nicht elektronisch per E-Mail!

Wichtig: Alltagskommunikation des Personalrats ist im Umlauf machbar


Sie können das Umlaufverfahren natürlich für Ihre tägliche Organisationsarbeit, also z. B. für Ihre Terminvereinbarungen, informelle Besprechungen, Anfragen etc., nutzen. Hierzu müssen Sie sich nicht immer treffen!

Die Unwirksamkeit von Beschlüssen im Umlaufverfahren können Sie auch nicht dadurch vermeiden, dass der Vorsitzende zuvor die Zustimmung aller Personalratsmitglieder zu dem Verfahren einholt. Denn es dürfen ja z. B. auch die Schwerbehindertenvertretung und Gewerkschaftsmitglieder an Ihren Sitzungen teilhaben, doch durch das Umlaufverfahren könnte dieses Teilnahmerecht unterlaufen werden! Zur wirksamen Beschlussfassung befolgen Sie bitte diese Checkliste:

Checkliste: Wirksame Beschlussfassung

  • ordnungsgemäße Ladung aller Mitglieder und rechtzeitige Mitteilung der Tagesordnung
  • ggf. Ladung von Ersatzmitgliedern und Jugend- und Auszubildendenvertretung
  • Beschlussfassung nur in einer Personalsitzung
  • Wahrung der Nichtöffentlichkeit von Personalratssitzungen
  • Beschlussfähigkeit: Anwesenheit und Teilnahme von mindestens der Hälfte der Betriebsratsmitglieder
  • Beschlussfassung grundsätzlich mit einfacher Stimmenmehrheit; Ausnahme: absolute Mehrheit erforderlich, z. B. bei Rücktritt des Personalrats, Erlass der Geschäftsordnung, Übertragung von Aufgaben auf Arbeitsgruppen
  • ordnungsgemäße Protokollierung von Beschlussergebnis und Stimmenverhältnis

Telefonkonferenz oder Videokonferenz statt Personalratssitzung? Wenn es sein muss …

Der Stein des Anstoßes bei der Beschlussfassung im Umlaufverfahren war ja, dass die Personalratsmitglieder nicht miteinander in Kommunikation treten, sprich: nicht auf die Willensbildung des anderen Einfluss nehmen können.

Bei einer Telefonkonferenz ist dies anders. Jeder kann mit jedem sprechen und auf den anderen Einfluss nehmen, diskutieren und debattieren. Das Problem: Körperlich in der Sitzung anwesend ist man ja trotzdem nicht. Zudem müssen Personalratssitzungen ja nicht öffentlich stattfinden. Das ist bei einer Telefonkonferenz oder Videokonferenz nicht unbedingt gegeben, denn hier ist nicht auszuschließen, dass Dritte „sich unbemerkt einhacken“ und doch mithören. Diese Gefahr muss uns bewusst sein und wenn wir doch mal eine Telefonkonferenz durchführen, muss sie so gut es geht ausgeschlossen werden. Der Datenschutz und der Persönlichkeitsschutz müssen hier immer gewahrt werden – in der Dienststelle und auch bei Telefonkonferenzen aus dem Homeoffice heraus.

Das heißt für Sie: Auch Telefonkonferenz und Videokonferenz sind an sich keine Alternativen zur Beschlussfassung in der klassischen Personalratssitzung. Doch Sie wissen es besser als ich, die Zeiten haben sich geändert. Schließlich wurden wir ja durch die Coronakrise lang genug ins Homeoffice verbannt und mussten die Geschäfte doch am Laufen halten. Darum gibt es seit „damals“ den § 38 Abs. 3 BPersVG, der besagt:

§38 Abs. 3 BPersVG

Zeitpunkt der Sitzungen und Nichtöffentlichkeit
(3) Die Sitzungen des Personalrats finden in der Regel als Präsenzsitzung in Anwesenheit seiner Mitglieder vor Ort statt. Die Sitzung kann vollständig oder unter Zuschaltung einzelner Personalratsmitglieder mittels Video- oder Telefonkonferenz durchgeführt werden, wenn
1. vorhandene Einrichtungen genutzt werden, die durch die Dienststelle zur dienstlichen Nutzung freigegeben sind,
2. nicht mindestens ein Viertel der Mitglieder oder die Mehrheit der Vertreterinnen und Vertreter einer
Gruppe des Personalrats binnen einer von der oder dem Vorsitzenden zu bestimmenden Frist gegenüber der oder dem Vorsitzenden widerspricht und
3. der Personalrat geeignete organisatorische Maßnahmen trifft, um sicherzustellen, dass Dritte vom Inhalt der Sitzung keine Kenntnis nehmen können. Eine Aufzeichnung ist unzulässig. Personalratsmitglieder, die mittels Video- oder Telefonkonferenz an Sitzungen teilnehmen, gelten als anwesend im Sinne des § 39 Absatz 1 Satz 1. § 43 Absatz 1 Satz 3 findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die oder der Vorsitzende vor Beginn der Beratung die zugeschalteten Personalratsmitglieder feststellt und in die Anwesenheitsliste einträgt. Das Recht eines Personalratsmitglieds auf Teilnahme an der Sitzung vor Ort bleibt durch die Durchführung der Sitzung mittels Video- oder Telefonkonferenz unberührt.

In der Konsequenz können Sie als Personalrat also auch in elektronischer Form beschließen – das muss aber in der Geschäftsordnung des Personalratsgremiums vorgesehen und niedergelegt sein.

Zulässig ist auch die Möglichkeit elektronischer Beschlüsse, dies aber nur unter den engen Voraussetzungen von § 39 Abs. 4 BPersVG. Dieser lehnt sich an § 38 Abs. 3 BPersVG an und regelt zudem: Die Beschlussfassung im elektronischen Verfahren ist unzulässig, wenn ein Mitglied des Personalrats oder eine nach § 37 teilnahmeberechtigte Person binnen einer von der oder dem Vorsitzenden zu bestimmenden Frist gegenüber der oder dem Vorsitzenden widerspricht. Die oder der Vorsitzende gibt das Ergebnis der Beschlussfassung im elektronischen Verfahren spätestens in der nächsten Sitzung des Personalrats bekannt.

Sie dürfen in der heutigen Zeit also Video- und Telefonkonferenzen durchführen. Da es hier aber vor allen Dingen um die Datensicherheit, die Verschwiegenheit und den Persönlichkeitsschutz geht, sollten Sie hier immer den Datenschutzbeauftragten mit zurate ziehen. Dieser kann Sie im Vorfeld über die zu ergreifenden Sicherheitsmaßnahmen gut beraten. Damit haben Sie schon viel für die Sicherheit getan. Vor allen Dingen aber müssen Sie die folgenden Sicherheitsmaßnahmen ergreifen:

Checkliste Video- und Telefonkonferenz

  • Ihr Vorsitzender stellt vor jeder Beschlussfassung fest, wer Teilnehmer der Videokonferenz ist, und protokolliert dies.
  • Die teilnehmenden Personalratsmitglieder versichern zu Protokoll, dass nur teilnahmeberechtigte Personen in dem Raum anwesend sind, von dem aus sie an der Videokonferenz teilnehmen.
  • Die Personalratsmitglieder versichern zu Protokoll, die übrigen Mitglieder unverzüglich zu unterrichten, sobald nicht teilnahmeberechtigte Personen den Raum betreten.
  • Der Personalratsvorsitzende verpflichtet sich, die Videokonferenz in dem Moment zu unterbrechen, in dem nicht teilnahmeberechtigte Personen einen Übertragungsraum betreten.
  • Die Kommunikationsanlage wird technisch so verschlüsselt, dass sich Unberechtigte nicht unbemerkt in die Videokonferenz einwählen können.
  • Der Personalratsvorsitzende fertigt die Sitzungsniederschrift, die das Beschlussergebnis und die Stimmenverhältnisse festhält, sowie die Anwesenheitsliste an und verschickt sie an die Teilnehmer der Betriebsratssitzung zwecks Unterschrift.

Was passiert mit den Beschlüssen?

Beschließen Sie im Umlaufverfahren oder in einer sonst nicht geregelten Form, sind die Beschlüsse unwirksam – und das müssen Sie sich als Personalrat zurechnen lassen. Denn der Fehler stammt aus Ihrer Sphäre.

Die Konsequenzen sind jedoch nicht immer dramatisch. Bei Maßnahmen etwa, zu denen der Arbeitgeber Ihre Zustimmung nicht benötigt (Kündigung eines Arbeitnehmers), kann er seine Maßnahme auch ohne wirksamen Beschluss durchziehen. Der Fehler geht voll auf Ihre Kappe.

Stellt er aber jemanden ein oder entlässt er einen Ihrer Personalratskollegen (zu beiden Maßnahmen braucht er Ihre Zustimmung), wird es bitter. Denn selbst wenn Sie (fehlerhaft) zugestimmt haben, ist die Maßnahme unwirksam – Sie müssen neu beschließen, der Arbeitgeber erneut handeln.

Fazit: Bleiben Sie eher konservativ

Der konservative Weg ist auch im Jahr 2024 noch der sicherste zur wirksamen Beschlussfassung. Denn: Ein unwirksamer Beschluss ist so oder so ärgerlich und trägt sicher nicht zur guten Stimmung im Personalratsgremium bei!

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