Lesezeit 3 Minuten
Ob die katholische Caritas einer Mitarbeiterin in der Schwangerschaftsberatung kündigen durfte, weil diese aus der katholischen Kirche ausgetreten war, wird nun der Europäische Gerichtshof (EuGH) zu klären haben. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat ein entsprechendes Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH gestellt (1.2.2024, Az. 2 AZR 196/22).
Der Fall: Eine Frau war in der Schwangerschaftsberatung bei der Caritas beschäftigt. Sie ging in Elternzeit und trat während dieser Zeit aus der katholischen Kirche aus. Grund dafür war nach ihren Angaben das in der Diözese erhobene Kirchgeld. Dabei handelt es sich Geldbeträge, die diejenigen Kirchenmitglieder zahlen, die mit einem gutverdienenden nicht kirchenangehörigen Ehepartner verheiratet sind und die selber kein oder nur wenig Geld haben.
Auf Kirchenaustritt folgen Kündigung und Klage
Die Caritas kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis. Die Arbeitnehmerin klagte dagegen, u. a. mit folgenden Argumenten:
- In der Schwangerschaftsberatung bei der Caritas würden auch evangelische Mitarbeiterinnen beschäftigt werden.
- Der Kirchenaustritt sei „etwas Stilles“. Es sei lediglich ein Akt gegenüber der deutschen Verwaltung.
- Sie habe sich nicht öffentlich gegen die Kirche gestellt.
Die Caritas hat folgende Argumente vorgetragen:
- Es geht beim Kirchenaustritt um eine bewusste Abwendung von der Kirche.
- Ob diese mit einer öffentlichen Abkehr erfolge oder im Stillen, ändere nichts an dem bewussten Akt an sich.
- Die Arbeitnehmerin habe sich bewusst von dem Arbeitgeber distanziert.
Die Fragen des BAG an den EuGH
Die Entscheidung: Das BAG möchte nun vom EuGH wissen, ob es mit der Gleichbehandlungsrichtlinie vereinbar sein kann,
- wenn die Kirche verlangt, dass ihre Beschäftigten nicht austreten bzw. bei Austritt wieder eintreten, und
- wenn sie von den für sie arbeitenden Personen im Übrigen nicht verlangt, dieser Kirche anzugehören, sowie
- die für sie arbeitende Person sich nicht öffentlich wahrnehmbar kirchenfeindlich betätigt und
- sollte der EuGH urteilen, dass die Kirche in diesem Fall den Wiedereintritt verlangen kann, wie eine solche Ungleichbehandlung wegen der Religion gerechtfertigt sein kann.
Der kritische EuGH
Der EuGH musste sich auch in der Vergangenheit schon mit ähnlichen Verfahren beschäftigen. Im sog. Chefarzt-Fall hatte ein Klinikum in katholischer Trägerschaft einem Mediziner nach Scheidung und Wiederheirat gekündigt. Schon in der Entscheidung hatte der EuGH allerdings zu bedenken gegeben, dass die Religion für den Arzt keine wesentliche Anforderung der beruflichen Tätigkeit zu sein scheint, weil es auch konfessionslose Beschäftigte in ähnlichen Positionen gab. Das BAG urteilte schließlich, dass die Kündigung diskriminierend und unwirksam war (BAG, 20.2.2019, Az. 2 AZR 746/14). Der katholische Träger verzichtete auf den Gang zum Bundesverfassungsgericht.
Checkliste: Kündigungsvoraussetzungen
- Hat Ihr Dienstherr eine schriftliche Kündigung abgegeben und diese eigenhändig unterzeichnet?
- Wenn ein Bevollmächtigter gekündigt hat: Lag dem Kündigungsschreiben eine Vollmacht bei?
- Wurde die Kündigung zugestellt?
- Wurde überprüft, ob eine ordentliche oder eine außerordentliche Kündigung in Betracht kommt?
- Hat Ihr Dienstherr die Kündigungsfrist richtig berechnet?
- Hat er daran gedacht, dass eine außerordentliche Kündigung binnen 2 Wochen erfolgen muss?
- Kommt als mildere Maßnahme keine Änderungskündigung in Betracht?
- Genießt der Kollege oder die Kollegin, dem oder der gekündigt werden soll, allgemeinen Kündigungsschutz und liegt ein ausreichender Kündigungsgrund vor?
- Genießt der Kollege oder die Kollegin, dem oder der gekündigt werden soll, besonderen Kündigungsschutz, wie im Fall einer Schwerbehinderung, einer Schwangerschaft, während der Elternzeit oder als Wahlbewerber oder Mitglied des Personalrats? Wenn ja, wurden die entsprechenden Stellen informiert und haben sie der Kündigung zugestimmt?
- Wurde der tarifliche Kündigungsschutz für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beachtet?
- Wurden Sie als Personalrat vor der Kündigung ordnungsgemäß angehört?

Sie erhalten innerhalb von 24 Stunden Ihre Antwort!