Entschädigung für den Personalrat wegen überlanger Verfahrensdauer?

10. Januar 2025
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Auch als Personalrat müssen Sie das ein oder andere Mal vor Gericht ziehen. Wenn nun das Gerichtsverfahren von gerichtlicher Seite nicht betrieben wird, steht Ihnen dann eine Entschädigung zu oder müssen Sie einfach abwarten (Bundesverwaltungsgericht, 14.11.2024, Az. 5 C 5.23)?

39 Monate Wartezeit für ein gerichtliches Verfahren sind zu viel für den Personalrat

Der Fall: Ein Personalrat einer Behörde führte 3 personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren vor dem Verwaltungsgericht (VG). Die Dienststellenleitung habe seine Mitbestimmungsrechte verletzt. Es ging um die Mitbestimmung bei einer Versetzung, beim Verzicht auf eine Stellenausschreibung und bei der Übertragung einer höher zu bewertenden Tätigkeit. Die Verfahren dauerten erstinstanzlich rund 39, 37 und 22 Monate. Weil sich die jeweilige Verfahrensdauer vor dem VG aus seiner Sicht als unangemessen lang darstellte, hat der Personalrat gegen das Land als Träger der Gerichtsbarkeit geklagt. Er wollte eine Entschädigung nach § 198 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) und jeweils die Feststellung der unangemessenen Dauer des personalvertretungsrechtlichen Verfahrens.

§ 198 Abs. 1 und Abs. 6 Nr. 2 GVG

(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter. […]

(6) […] 2. Ein Verfahrensbeteiligter [ist] jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.

Der Personalrat scheitert mit seiner Entschädigungsklage

Das Urteil: Der Personalrat verlor. Auf § 198 GVG kann er sich als Personalratsgremium nicht berufen. Denn diese Norm gilt nur für

  • Parteien und Beteiligte eines Gerichtsverfahrens
  • mit Ausnahme der Verfassungsorgane,
  • der Träger öffentlicher Verwaltung und
  • sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind (§ 198 Abs. 6 Nr. 2 GVG).

Diese Ausnahmeregelungen werden gemacht, damit der Staat keine Ansprüche gegen sich selbst stellen kann. Der Personalrat ist zwar weder Verfassungsorgan noch Träger öffentlicher Verwaltung. Er ist aber eine sonstige öffentliche Stelle im Sinne des Gesetzes. Er ist Bestandteil der zur öffentlichen Verwaltung gehörenden Dienststelle. Also ist er dem staatlichen Bereich zuzuordnen. Zudem hat er keine Selbstverwaltungsrechte wahrgenommen. Seine Mitbestimmungsrechte können verletzt sein, er selbst als Gremium aber nicht.

Fazit: Abwarten und Tee trinken? Das muss auch nicht sein


Schade, dass dem Personalrat das Mittel des § 198 GVG nicht zusteht. Aber andererseits ist es mit der Erklärung des Gerichts auch richtig. Wenn Sie das Gefühl haben, dass eine Sache stockt, dann fragen Sie höflich bei Gericht nach dem Sachstand. Oft hilft das schon, ein wenig Zug reinzubringen. Wenn nicht, dann hilft es, Öffentlichkeit zu schaffen – nach dem Motto „Richter kümmert sich nicht um Ihre Belange“. Das ist zwar nicht die schönste Lösung, aber manchmal geht es eben nicht anders.

Dauer von Gerichtsverfahren

  • Im Bundesdurchschnitt dauern Verfahren vor den Verwaltungsgerichten 8,7 Monate. Da war der Personalrat im Fall wirklich noch „gut dabei“.
  • Vor dem Arbeitsgericht hat man meist innerhalb von 6 Wochen nach Klageerhebung einen Gütetermin, die meisten Verfahren werden dort beendet. Scheitert der Gütetermin, dann gibt es innerhalb von ca. 10 Monaten einen Kammertermin.
  • Bei den Sozialgerichten darf man mit 12 bis 24 Monaten rechnen,
  • in zivilrechtlichen Streitigkeiten mit etwa einem Jahr.

Sie sehen, das Gericht im Fall hatte den Bogen wirklich überspannt. 39 Monate sind eine Zumutung!

Mein Tipp: Anwalt anrufen lassen

Sind Sie anwaltlich vertreten, dann lassen Sie auf jeden Fall den Kollegen anrufen. Zumindest in meinem Gerichtsbezirk kennt man sich und kann „locker“ nachhaken, nach dem Motto: Wo brennt’s denn wieder? Das wirkt manchmal Wunder und vergiftet vor allen Dingen nicht die Stimmung.

Entschädigung
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