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Alle Mitglieder in Ihrem Personalrat sollten die Grundlagen zum Einigungsstellenverfahren im öffentlichen Dienst kennen. Denn viele auch Ihrer Rechtsstreitigkeiten könnten vor einer Einigungsstelle landen.
In der Privatwirtschaft sind Einigungsstellen wesentlich häufiger anzutreffen als im öffentlichen Dienst. Die Unterschiede zwischen dem Personalvertretungsrecht und dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) sind interessant: Nach dem BetrVG wird eine Einigungsstelle gebildet, wenn sich Arbeitgeber und Betriebsrat in einer Regelungsstreitigkeit auf der betrieblichen Ebene über eine mitbestimmungspflichtige Angelegenheit nicht einigen können. Diese kann in vom Gesetz vorgesehenen Fällen sogar die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen. Gerichtlich überprüfbar ist diese Entscheidung nur sehr eingeschränkt.
Wann es Einigungsstellen bei Ihnen im öffentlichen Dienst gibt
Im öffentlichen Dienst sind die Regelungen ganz anders. Zunächst einmal sind Regelungen zu Einigungsstellen im Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG) und den einzelnen Landesvertretungsgesetzen nicht einheitlich ausgestaltet. Trotzdem sind die Grundsätze sowohl im Bund als auch in den Ländern gleich. Nach fast allen Personalvertretungsgesetzen wird die Einigungsstelle bei der obersten Dienstbehörde gebildet, so beispielsweise in § 73 BPersVG. Während der örtliche Personalrat immer als Erstes zuständig ist, kann dies bei einer entsprechenden Regelung auch der Bezirkspersonalrat, der Hauptpersonalrat oder der Gesamtpersonalrat sein. Trotzdem wird die Einigungsstelle fast stets bei der obersten Dienstbehörde gebildet. Bei Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts ist das in der Verfassung dieser juristischen Person für die Geschäftsführung vorgesehene oberste Organ als oberste Dienstbehörde anzusehen.
Beispielsweise gibt es in mehrstufigen Verwaltungen wie der Bundes- oder der Landesverwaltung
- auf der örtlichen Ebene den Personalrat,
- bei der Mittelbehörde den Bezirkspersonalrat und
- auf der obersten Ebene, dem Ministerium, den Hauptpersonalrat.
Die Einigungsstelle wird dann auf der Ebene des Ministeriums gebildet.
Aber: Besonderheiten gelten auf Bundesebene für die Sozialversicherung, die Bundesagentur für Arbeit und für die Deutsche Bundesbank.
Das Verfahren für die Anrufung einer Einigungsstelle
So läuft das Verfahren nach dem BPersVG ab:
- Es gibt eine Maßnahme, die nur mit Ihrer Zustimmung als Personalrat umgesetzt werden kann, beispielsweise eine Änderung der Arbeitszeit (§ 70 Abs. 1 BPersVG).
- Eine Einigung kommt nicht zustande und nun kann entweder der Leiter der Dienststelle oder der Personalrat die Angelegenheit der übergeordneten Dienststelle vorlegen (§ 71 Abs. 1 BPersVG).
- Die übergeordnete Dienststelle soll die Angelegenheit, sofern sie dem Anliegen des Personalrats nicht oder nicht in vollem Umfang entspricht, innerhalb von 6 Wochen der bei ihr gebildeten Stufenvertretung vorlegen (§ 71 Abs. 2 BPersVG).
- Einigen sich die oberste Dienstbehörde und die bei ihr bestehende Personalvertretung nicht, kann jede Seite die Einigungsstelle anrufen (§ 72 Abs. 1 BPersVG).
So kann also auch Ihr Streit bis zu einer Einigungsstelle gelangen.
Aus diesen Mitgliedern besteht die Einigungsstelle
Nach allen Personalvertretungsgesetzen der Länder und des Bundes besteht die Einigungsstelle immer aus einem Vorsitzenden und einer gleichen Anzahl von Beisitzern. Beide Seiten, also die oberste Dienstbehörde und der bei ihr bestehende Personalrat, müssen sich auf den Vorsitzenden einigen. Die Zahl der Beisitzer wird fast in allen Personalvertretungsgesetzen auf jeweils 3 Beisitzer festgeschrieben. In aller Regel werden also 3 Beisitzer von der Behörde und 3 vom Personalrat bestimmt.
Bei der Besetzung der Einigungsstelle kommt es ganz entscheidend auf die Person des Vorsitzenden an. Nicht selten bestehen Meinungsverschiedenheiten zwischen der zuständigen Dienststelle und dem Personalrat, weil der von einer Seite vorgeschlagene Vorsitzende nicht neutral genug oder jedenfalls für die eigene Position nicht aufgeschlossen genug erscheint. Deshalb sieht der Gesetzgeber gerade für die Bestellung des Vorsitzenden verschiedene Verfahrensregelungen vor. So entscheidet im Bund beispielsweise der Präsident des Bundesverwaltungsgerichts.
Wann die Einigungsstelle tätig werden kann
Voraussetzung für das Tätigwerden der Einigungsstelle ist stets ein unlösbarer Konflikt zwischen Ihnen als Personalrat und Ihrem Dienstherrn über die Ausgestaltung einer nach dem BPersVG oder den Personalvertretungsgesetzen der Länder mitbestimmungspflichtigen Regelung. Denn allein unterschiedliche Auffassungen berechtigen weder die Dienststelle noch den Personalrat dazu, die Einigungsstelle anzurufen.
Wer die Antragsbefugnis hat
Sie als Personalrat müssen für die Anrufung der Einigungsstelle zuständig sein. Das kann in der Bundes- und der Landesverwaltung nur der bei der obersten Dienststelle gebildete Hauptpersonalrat oder bei Angelegenheiten, die die Mitbestimmung im Ministerium betreffen, der dortige Personalrat. Auf der Ebene der Gemeinden, der Gemeindeverbände und der Stiftungen des öffentlichen Rechts oder der Körperschaften werden Einigungsstellen ebenfalls von der obersten Dienstbehörde oder vom Personalrat eingerichtet.
Nur der Personalrat als Gremium und nicht das einzelne Personalratsmitglied kann die Einigungsstelle anrufen. Ebenso wenig haben Arbeitnehmer ein Recht dazu.
Die Fristen für das Durchsetzen/Ablehnen einer Angelegenheit
Wenn im öffentlichen Dienst die Dienststelle eine mitbestimmte Angelegenheit einführen und durchsetzen will, muss sie das Verfahren beim Personalrat im Regelfall schriftlich einleiten. Sie als Personalrat haben dann je nach Vertretungsgesetz in der Regel innerhalb von 2 bis 3 Wochen über Ihre Zustimmung zu entscheiden. Ohne Stellungnahme gilt Ihre Zustimmung als erteilt. Dann gibt es keine Einigungsstelle. Doch wie gesagt, die Regelungen dazu sind in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich.
Wenn Sie Ihre Zustimmung verweigern wollen …
Mit der Einhaltung dieser Fristen und einer schriftlichen Zustimmungsverweigerung ist es noch nicht getan. Sie als Personalrat müssen nach allen Personalvertretungsgesetzen Ihre Ablehnung auch begründen, wobei Sie sich in Ihrer Begründung mit dem entsprechenden Mitbestimmungstatbestand auseinanderzusetzen haben. Vergessen Sie dies, gibt es kein Einigungsstellenverfahren.
Die Beteiligung der Stufenvertretung
In der Landes- und der Bundesverwaltung gibt es häufig nicht nur die das Mitbestimmungsverfahren einleitende Dienststelle, sondern eine oder 2 weitere übergeordnete Dienststellen. Diese sind im Rahmen der Mitbestimmung bei Ablehnung der mitbestimmten Angelegenheit zu beteiligen.
Im Regelfall ersetzt eine Zustimmung des übergeordneten Personalrats die Verweigerung der Zustimmung des Personalrats der unteren Dienststelle zu einer bestimmten Maßnahme.
Der Personalrat der im Verwaltungsaufbau übergeordneten Dienststelle oder der obersten Dienstbehörde wird als Stufenvertretung bezeichnet. Da die Einigungsstelle bei der obersten Dienstbehörde gebildet wird, ist abschließend der dortige Hauptpersonalrat als letztlich entscheidender Personalrat mit der Angelegenheit befasst, bevor bei dessen verweigerter Zustimmung die Einigungsstelle angerufen werden kann. Das gilt natürlich auch für einen zweistufigen Aufbau einer Landesverwaltung.
Organisationen mit einstufigem Verwaltungsaufbau
Insbesondere bei den Körperschaften und Stiftungen des öffentlichen Rechts gibt es keinen mehrstufigen Verwaltungsaufbau wie in der Landes- und Bundesverwaltung. Allerdings bestehen nicht selten mehrere Dienststellen, sodass in diesen Fällen ein Gesamtpersonalrat gebildet wird. Das Einigungsstellenverfahren muss in diesen Fällen ordnungsgemäß von der Dienststelle, dem Personalrat oder von beiden gemeinsam in Gang gesetzt werden.
Ohne vorherige vergebliche Verhandlungen kann die Einigungsstelle nicht eingeschaltet werden!
Wer die Kosten für die Einigungsstelle trägt
Leiten Sie als Personalrat ein Einigungsstellenverfahren ein, kommen auf Sie keinerlei Kosten zu. Allerdings muss für die Einleitung des Verfahrens ein entsprechender Beschluss Ihres Gremiums vorliegen. Wenn Sie sich im Vorfeld von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin beraten lassen wollen, muss diese Kosten ebenfalls in der Regel der Dienstherr tragen. Denn nach § 46 Abs. 1 BPersVG trägt er die durch die Tätigkeit des Personalrats entstehenden notwendigen Kosten.
Checkliste: Anrufung der Einigungsstelle im öD
- Es muss eine Meinungsverschiedenheit zwischen Ihnen als Personalrat und der Dienststelle über die Ausgestaltung einer nach den Personalvertretungsgesetzen mitbestimmungspflichtigen Regelung vorliegen.
- Verhandlungen zwischen Ihnen als Personalrat und der Dienststelle haben stattgefunden.
- Mindestens eine der beiden Seiten hat die Verhandlungen begründet für gescheitert erklärt.
- Bei der Bundes- und Landesverwaltung muss zusätzlich das Stufenverfahren abgeschlossen worden sein.

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