Wie können Sie als Mitarbeiter oder Mitarbeiterin Ihre Führungskraft rechtssicher und gut kritisieren? Lesen Sie hier praxisnahe Tipps, wie Sie sich auf ein solches Gespräch vorbereiten, rechtliche Rahmenbedingungen einhalten und gleichzeitig ein wertschätzendes Miteinander bewahren.
Kritik zu äußern ist nie leicht – erst recht nicht, wenn sie sich an die eigene Führungskraft richtet. Die Angst vor negativen Konsequenzen, Missverständnissen oder Spannungen im Arbeitsverhältnis hält viele davon ab, ihre Meinung offen zu äußern. Doch konstruktive Kritik ist ein wichtiger Bestandteil einer gesunden Dienststellenkultur. Sie schafft die Grundlage für Entwicklung und verbessert das Miteinander in der Behörde.
Warum ist Kritik an Führungskräften wichtig?
Führungskräfte haben entscheidenden Einfluss auf das Arbeitsklima, die Motivation und die Leistungsfähigkeit ihrer Mitarbeitenden. Doch auch sie sind nicht perfekt: Sie treffen Entscheidungen, die nicht immer nachvollziehbar sind, kommunizieren unzureichend oder verhalten sich vielleicht auch mal unangemessen.
Hier setzt konstruktive Kritik an. Sie gibt der Führungskraft die Chance, ihr Verhalten zu reflektieren und sich zu verbessern. Gleichzeitig trägt sie dazu bei, dass Mitarbeitende das Gefühl haben, gehört zu werden und aktiv zur Verbesserung ihres Arbeitsumfeldes beizutragen.
Der rechtliche Rahmen: Dürfen wir die eigene Führungskraft kritisieren?
Grundsätzlich ist Kritik auch gegenüber der Führungskraft erlaubt, solange sie sachlich und konstruktiv vorgetragen wird. Das Recht auf freie Meinungsäußerung (Art. 5 Grundgesetz) sowie die Fürsorgepflicht des Dienstherrn bilden dabei eine wichtige Grundlage. Allerdings gibt es klare Grenzen:
- Schmähkritik und Beleidigungen sind natürlich unzulässig. Sie können arbeitsrechtliche Konsequenzen wie Abmahnungen oder sogar Kündigungen bzw. Disziplinarmaßnahmen nach sich ziehen.
- Unwahrheiten und Verleumdungen sind tabu. Das kann sogar arbeitsrechtliche und strafrechtliche Folgen haben.
- Geheimhaltungspflichten müssen eingehalten werden. Inhalte, die unter die Verschwiegenheitspflicht fallen, dürfen nicht öffentlich kritisiert werden.
Entscheidend ist also, dass Kritik respektvoll, wahrheitsgemäß und in einem geschützten Rahmen geäußert wird.
Die richtige Vorbereitung: Ziele, Inhalte und Timing
Eine gute Vorbereitung ist der Schlüssel zu einem erfolgreichen Kritikgespräch. Bevor Sie das Gespräch suchen, sollten Sie sich folgende Fragen stellen:
Was ist mein Ziel?
Möchten Sie eine Verhaltensänderung bewirken, auf ein Problem aufmerksam machen oder Missverständnisse klären? Definieren Sie Ihr Ziel klar und präzise.
Welche Kritikpunkte habe ich?
Sammeln Sie konkrete Beispiele für das kritisierte Verhalten. Verallgemeinerungen wie „Sie hören nie zu“ sind wenig hilfreich. Besser: „In der letzten Teambesprechung haben Sie meine Frage zu den neuen Projektrichtlinien übergangen.“
Welchen Tonfall wähle ich?
Formulieren Sie Ihre Kritik wertschätzend und sachlich. Vermeiden Sie Vorwürfe.
Wann ist der richtige Zeitpunkt?
Suchen Sie einen Moment, in dem Ihre Führungskraft Zeit und Ruhe für ein Gespräch hat. Zwischen Tür und Angel, direkt nach einem stressigen Meeting oder kurz vor Feierabend ist selten ein guter Zeitpunkt.
Kritik richtig formulieren: Die Macht der Worte
Die Art und Weise, wie Sie Ihre Kritik äußern, entscheidet maßgeblich über den Verlauf des Gesprächs. Nutzen Sie die folgenden Tipps, um Ihre Worte wirkungsvoll und zugleich respektvoll zu wählen.
Starten Sie mit Positivem
Beginnen Sie das Gespräch mit einer positiven Bemerkung. Dies schafft eine offene Atmosphäre und signalisiert, dass Sie nicht bloß Kritik üben möchten, sondern an einer Verbesserung interessiert sind.
Beispiel: „Ich schätze Ihre klare Kommunikation bei Teamprojekten. In letzter Zeit ist mir jedoch aufgefallen, dass …“
Bleiben Sie sachlich und konkret
Beschreiben Sie das kritisierte Verhalten ohne persönliche Angriffe. Konzentrieren Sie sich auf konkrete Vorfälle und deren Auswirkungen.
Beispiel: „Im letzten Teammeeting haben Sie eine Änderung beschlossen, ohne uns einzubeziehen. Das hat zu Verwirrung im Team geführt.“
Nutzen Sie Ich-Botschaften
Vermeiden Sie Verallgemeinerungen und Vorwürfe wie „Sie machen immer …“ oder „Sie sind nie …“. Sprechen Sie stattdessen von Ihren eigenen Wahrnehmungen und Empfindungen.
Beispiel: „Ich habe den Eindruck, dass meine Rückmeldungen oft nicht berücksichtigt werden. Das fühlt sich für mich frustrierend an.“
Bieten Sie Lösungen an
Zeigen Sie, dass Sie an einer Verbesserung interessiert sind, und schlagen Sie konkrete Maßnahmen vor.
Beispiel: „Vielleicht könnten wir in Zukunft vor Entscheidungen eine kurze Teambesprechung einplanen, um alle Perspektiven einzubeziehen.“
Der geschützte Rahmen: Wo und wie sollte Kritik geäußert werden?
Ein Kritikgespräch sollte stets in einem geschützten und vertraulichen Rahmen stattfinden. Vermeiden Sie es, Ihre Führungskraft vor Kollegen oder gar Vorgesetzten zu kritisieren. Dies könnte als respektlos wahrgenommen werden und die Situation verschärfen.
Ein Einzelgespräch ist meist der beste Weg, um Kritik anzubringen. Vereinbaren Sie einen Termin und kündigen Sie das Thema vorab an, damit sich auch Ihre Führungskraft darauf vorbereiten kann.
Emotionen kontrollieren
Bleiben Sie sachlich und ruhig, auch wenn die Situation emotional aufgeladen ist. Wenn Sie merken, dass die Stimmung kippt, schlagen Sie vor, das Gespräch zu einem späteren Zeitpunkt fortzusetzen.
Kritik schriftlich äußern: Vor- und Nachteile
Manchmal ist es sinnvoll, Kritik schriftlich zu formulieren, etwa wenn Sie unsicher sind, ob ein persönliches Gespräch erfolgreich sein wird. Achten Sie dabei auf einen sachlichen Ton und vermeiden Sie Formulierungen, die als Angriff verstanden werden könnten. Ein schriftliches Dokument hat den Vorteil, dass es klare Nachweise liefert, birgt aber auch das Risiko, missverstanden zu werden.
Unterstützung durch den Personalrat
Wenn Kolleginnen und Kollegen sich unsicher fühlen, wie sie ihre Kritik äußern sollen, können sie Sie als Personalrat um Rat bitten. Der Personalrat kann sie nicht nur rechtlich beraten, sondern auch als Vermittler fungieren, falls das Gespräch eskaliert.
Was tun, wenn die Kritik nicht gut aufgenommen wird?
Auch bei aller Vorsicht und Wertschätzung kann es vorkommen, dass Ihre Kritik nicht gut ankommt. In solchen Fällen ist es wichtig, ruhig zu bleiben und das Gespräch sachlich fortzusetzen.
- Bleiben Sie respektvoll. Vermeiden Sie es, sich auf Provokationen einzulassen oder Ihren Tonfall zu verschärfen.
- Hören Sie zu. Geben Sie Ihrer Führungskraft die Möglichkeit, auf Ihre Kritik zu reagieren und ihre Sichtweise darzulegen.
- Suchen Sie Unterstützung. Wenn das Gespräch nicht den gewünschten Effekt hat, können Sie sich an den Personalrat oder die Schwerbehindertenvertretung wenden, um Unterstützung zu erhalten.
Kritik an der Führungskraft zu üben erfordert Mut, Empathie und Fingerspitzengefühl. Doch wenn sie konstruktiv und rechtssicher geäußert wird, kann sie zu einer besseren Zusammenarbeit, einem gesünderen Arbeitsklima und einer stärkeren Unternehmenskultur beitragen.
Die Überlastungsanzeige: Wenn Kritik nicht reicht und alles zu viel wird
In einigen Fällen ist es jedoch auch erforderlich, dass Kolleginnen und Kollegen der Führungskraft klarmachen, dass sie mit ihrer Arbeit nicht mehr zurechtkommen. Das richtige Mittel ist dann das Stellen einer Überlastungsanzeige.
Die Überlastungsanzeige dient dazu, den Dienstherrn schriftlich darauf hinzuweisen, dass die übertragenen Aufgaben unter den aktuellen Bedingungen nicht mehr bewältigt werden können, und damit mögliche haftungsrechtliche, arbeitsrechtliche oder gesundheitliche Risiken anzuzeigen.
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