Lesezeit 2 Minuten
Sind Sie arbeitsunfähig erkrankt, müssen Sie dies Ihrem Dienstherrn anzeigen. Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als 3 Tage, müssen Sie zusätzlich noch eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen. Die AU-Bescheinigungen haben grundsätzlich einen hohen Beweiswert. Oft genug zweifeln Arbeitgeber und Dienstherren den Beweiswert, die Rechtsgültigkeit der AU-Bescheinigungen aber an und behalten die Entgeltfortzahlung ein. Manchmal auch zu Recht (Bundesarbeitsgericht (BAG), 13.12.2023 – 5 AZR 137/23).
Auf Kündigung folgt die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
Der Fall: Ein Arbeitnehmer war seit März 2021 als Helfer beschäftigt. Am Montag, dem 2.5.2022, legte er einen gelben Schein über den Zeitraum vom 2.5. bis 6.5.2022 vor. Am 2.5.2022 kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis zum 31.5.2022. Der Arbeitnehmer wiederum legte Folgebescheinigungen vom 6.5.2022 und vom 20.5.2022 vor. Die Folgebescheinigung vom 20.05.2022 lief genau bis zum 31.5.2022.
Ab dem 1.6.2022 war der Arbeitnehmer wieder arbeitsfähig und trat seine neue Stelle an. Der ehemalige Arbeitgeber verweigerte die Entgeltfortzahlung. Durch die passgenaue zeitliche Lage sei der Beweiswert der vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen erschüttert. Der Arbeitnehmer widersprach, er sei schon vor Zugang der Kündigung arbeitsunfähig gewesen. Er klagte auf Entgeltfortzahlung. In der ersten und zweiten Instanz gewann er auch. Das BAG urteilte differenzierter:
Passgenau ist verdächtig
Das Urteil: Arbeitnehmer können eine behauptete Arbeitsunfähigkeit mit ordnungsgemäß ausgestellten ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nachweisen. Diese haben einen hohen Beweiswert. Der Arbeitgeber kann die tatsächlichen Umstände, die in einer Gesamtbetrachtung Anlass zu ernsthaften Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit geben, darlegen und damit diesen Beweiswert erschüttern. Solche Umstände bzw. berechtigte Zweifel können auftreten, wenn sich der Zeitraum der Krankschreibung genau mit dem Zeitraum der Kündigungsfrist deckt. Es sind 3 AU-Bescheinigungen zu betrachten:
Der Beweiswert der AU-Bescheinigung vom 2.5.2022 ist nicht erschüttert. Eine zeitliche Koinzidenz zwischen dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit und dem Zugang der Kündigung ist hier nicht gegeben. Der Arbeitnehmer wusste nichts von den Kündigungsplänen.
Bei den Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vom 6.5. und vom 20.5.2022 ist der Beweiswert aber schon erschüttert. Es handelt sich um Folgebescheinigungen, die genau bis zum Ende der Kündigungsfrist reichen. Zudem hat der Beschäftigte am Tag nach Ende der AU seine neue Arbeitsstelle angetreten.
Also muss er für die Zeit vom 7.5. bis zum 31.5.2022 das Bestehen einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit als Voraussetzung für den Entgeltfortzahlungsanspruch nach § 3 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz voll beweisen. Die bloße AU reicht hierfür nicht. Der Fall wurde an das Landesarbeitsgericht zur Entscheidung zurückverwiesen, da es hierzu keine Feststellungen getroffen hat. Wir können aber davon ausgehen, dass es im Sinne des BAG urteilen wird.

Sie erhalten innerhalb von 24 Stunden Ihre Antwort!