Personalrat darf Präsenzseminar trotz günstigerem Webinar buchen

04. April 2024
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Ihr Dienstherr hat die erforderlichen Kosten für Ihre Personalratstätigkeit zu tragen. Nach Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG) und Landespersonalvertretungsgesetz (LPersVG) haben Personalräte Anspruch auf für die Personalratsarbeit erforderliche Schulungen, deren Kosten der Dienstherr zu tragen hat. Das wissen wir alle. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat nun entschieden: Das kann auch für Übernachtungs- und Verpflegungskosten für ein auswärtiges Präsenzseminar gelten, wenn derselbe Schulungsträger ein inhaltsgleiches Webinar anbietet. So das BAG für Ihre Kollegen aus der freien Wirtschaft; das Urteil ist auf Sie übertragbar (7.2.2024, Az. 7 ABR 8/23).

§46 BPersVG: Kosten der Personalratstätigkeit


(1) Die durch die Tätigkeit des Personalrats und seiner Mitglieder entstehenden Kosten trägt der Bund. (2) Mitglieder des Personalrats erhalten bei Reisen, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendig sind, Aufwendungsersatz in entsprechender Anwendung der beamtenrechtlichen Bestimmungen zu Reisekosten und Trennungsgeld. Für den Ersatz von Sachschäden an privaten Kraftfahrzeugen gelten die beamtenrechtlichen Bestimmungen entsprechend.

Arbeitgeber will teures Präsenzseminar nicht zahlen

Der Fall: Bei der Arbeitgeberin, einer Luftverkehrsgesellschaft, wurde eine Personalvertretung Kabine (PV) gebildet. Auf diese ist das Betriebsverfassungsgesetz anwendbar. Die PV wollte 2 in Düsseldorf und Köln wohnende Mitglieder zu der Präsenzschulung „Betriebsverfassungsrecht Teil 1“ in Binz/Rügen entsenden. Die Arbeitgeberin schlug aus Kostengründen ortsnähere Seminarorte oder – im gewählten Zeitraum – ein Webinar vor. Die PV beschloss trotzdem, die beiden Kollegen nach Potsdam auf das Präsenzseminar zu schicken. Es fielen für beide Teilnehmer zusammen ca. 1.800 € brutto für die Schulung und ca. weitere 1.300 € brutto an Übernachtungs- und Verpflegungskosten an. Die Hin- und Rückreise der beiden Mitglieder erfolgte per Flugzeug nach Berlin auf freien Plätzen in Flügen der Arbeitgeberin.

Die Arbeitgeberin wollte die Schulungs-, Übernachtungs- und Verpflegungskosten nicht bezahlen. Dies begründete sie vor allem damit, dass die Mitglieder der PV an einem zeit- und inhaltsgleich angebotenen mehrtägigen Webinar desselben Schulungsanbieters hätten teilnehmen können. Der Fall landete vor dem Arbeitsgericht und ging dann durch alle Instanzen bis zum BAG.

Mein Tipp: Gehen Sie diplomatisch vor

Ich würde bei einfacheren Themen vielleicht ein günstiges Webinar buchen, um dann bei schwierigen Themen ein Präsenzseminar zu buchen. Das hat den Vorteil, dass Sie Ihrem Dienstherrn immer sagen können: Ich denke an dich und an die Kosten, aber jetzt geht es eben nicht ohne Präsenz. Sie verhalten sich so verhandlungstaktisch klug.

Präsenz ist etwas anderes als vor Ort Auge in Auge

Die Entscheidung: Der Arbeitgeber verlor. Gemäß § 40 Abs. 1 BetrVG hat die Arbeitgeberin die Kosten zu tragen, die für die Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds an einer Schulungsveranstaltung nach § 37 Abs. 6 BetrVG entstanden sind. Das bei der Schulung vermittelte Wissen muss für die Betriebsratsarbeit erforderlich sein. Das war hier der Fall.

Ebenso wie ein Betriebsrat hat die PV bei der Beurteilung, zu welchen Schulungen sie ihre Mitglieder entsendet, einen gewissen Spielraum. Dieser umfasst grundsätzlich auch das Schulungsformat. Ein Präsenzseminar kann also auch gebucht werden, obwohl es teurer ist als ein Webinar.

 Fazit: Sie bestimmen den Inhalt

Ihr Schulungsanspruch ist in § 54 BPersVG bzw. Ihrer landesgesetzlichen Norm geregelt. Sie können also nach dem Urteil selbst beurteilen, ob ein Kollege ein Webinar besucht oder ein Präsenzseminar. Ich befürworte das, denn es ist ein Unterschied, ob ich einen Menschen vor mir habe oder die Technik. Im Präsenz ist man lockerer, nimmt die Inhalte besser auf, der Stoff bleibt besser hängen. Zudem kann man vor Ort mit den Kollegen leicht Kontakte knüpfen und Synergieeffekte nutzen. Lassen Sie sich daher nicht mit Webinaren abspeisen!

§54 Abs. 1 BPersVG: Teilnahme an Schulungs-/Bildungsveranstaltungen


(1) Die Mitglieder des Personalrats sind unter Fortzahlung der Dienstbezüge oder des Arbeitsentgelts für die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen vom Dienst freizustellen, soweit diese Kenntnisse vermitteln, die für die Tätigkeit im Personalrat erforderlich sind.

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