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Verhaltensbedingte Kündigungen sind an der Tagesordnung. Als Personalrat sind Sie auch vor einer solchen Kündigung zu hören. Was aber ist Ihre Aufgabe im Anhörungsverfahren, worauf sollten Sie achten und was muss Ihnen mitgeteilt werden? Hier steht’s:
Keine Kündigung ohne Personalratsbeteiligung
Ihre Dienststellenleitung muss Sie als Personalrat nach § 85 Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG) bei ordentlichen Kündigungen und nach § 86 BPersVG bei außerordentlichen Kündigungen beteiligen. Das heißt, Sie werden schriftlich über die Kündigung informiert und sollen hierzu eine Stellungnahme abgeben. Das Informationsschreiben der Dienststellenleitung mit der Bitte um Stellungnahme muss Folgendes enthalten:
Bei einer ordentlichen Kündigung haben Sie 10 Tage Zeit für Ihre Stellungnahme, bei einer außerordentlichen Kündigung nur 3 Arbeitstage.
Vor Ablauf der Äußerungsfrist darf Ihre Dienststellenleitung nur kündigen, wenn Sie sich bereits abschließend zur Kündigung geäußert haben. Äußern Sie sich zu spät, gilt Ihre Zustimmung als erteilt.
Punkt für Punkt zur richtigen Entscheidung
Eine Kündigung bedeutet erst mal das berufliche Aus für einen Ihrer Kollegen. Deswegen sollten Sie im Gremium immer genau beraten und bedenken, wie Sie zur Kündigung stehen. Gehen Sie dabei Schritt für Schritt vor, das bringt Sicherheit.
1. Ist das Kündigungsschutzgesetz anwendbar?
Hat Ihre Dienststelle mehr als 10 Vollzeitmitarbeiter und ist der Mitarbeiter länger als 6 Monate bei Ihnen? Sehr gut, denn dann gilt das Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Folge: Die verhaltensbedingte Kündigung hält nur, wenn Ihre Dienststellenleitung einen überzeugenden Kündigungsgrund hat und diesen auch ausreichend darlegen kann (Diebstahl, dauerndes Zuspätkommen, Schlägereien in der Dienststelle, Verstoß gegen Alkoholverbot …). Wenn es schon hieran scheitert, stimmen Sie der Kündigung ausdrücklich nicht zu. Ohne relevantes Fehlverhalten keine verhaltensbedingte Kündigung.
2. Gibt es „Kündigungsbremsen“?
Beachtet Ihre Dienststellenleitung solche Kündigungsbremsen nicht, verweigern Sie wiederum Ihre Zustimmung zur Kündigung.
3. Wurde der Mitarbeiter vor der Kündigung abgemahnt?
Bei bestehendem Kündigungsschutz ist es erforderlich, dass Ihre Dienststellenleitung den Mitarbeiter vor der Kündigung zumindest einmal erfolglos abgemahnt hat. Erst im Wiederholungsfall darf dann gekündigt werden.
Ausnahme: Genießt ein Mitarbeiter keinen Kündigungsschutz nach dem KSchG (siehe links), kann ohne vorherige Abmahnung unter Einhaltung der Kündigungsfrist ordentlich gekündigt werden. Eine Abmahnung ist auch entbehrlich, wenn es zu Störungen im Vertrauensbereich kommt, etwa bei Straftaten wie Unterschlagung oder Diebstahl. Allerdings muss hier ausgeschlossen sein, dass das Vertrauen wiederhergestellt werden kann.
Auf eine vorherige Abmahnung kann auch verzichtet werden, wenn sie keinen Erfolg verspricht, etwa wenn sich ein Mitarbeiter hartnäckig weigert, die Anordnungen des Vorgesetzten zu befolgen.
Aus Personalratssicht würde ich einer verhaltensbedingten Kündigung ohne vorangehende Abmahnung immer widersprechen. Denn die Gerichte urteilen bezüglich der Erforderlichkeit der Abmahnung nicht einheitlich. Wer weiß, vielleicht kann der Widerspruch Ihrem Kollegen im Einzelfall den Arbeitsplatz retten.
Wurde ein Mitarbeiter einmal abgemahnt, setzt der Ausspruch einer wirksamen Kündigung voraus, dass das abgemahnte Verhalten und der Kündigungsgrund gleichartig sind bzw. in einem engen Zusammenhang stehen.
Gab es vor der Kündigung keine Abmahnung, berufen Sie und Ihre Kollegen sich immer auf die Unwirksamkeit der Kündigung wegen mangelnder Abmahnung. Dienstgeber vergessen die Abmahnung nur allzu gerne.
4. Gibt es einen Kündigungsgrund?
Ist das KSchG anwendbar, muss Ihre Dienststellenleitung für eine wirksame verhaltensbedingte Kündigung einen entsprechenden Grund vorweisen können. Das ist meist dann der Fall, wenn ein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten des Arbeitnehmers vorliegt, mit dem er gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen hat, etwa durch einen Verstoß gegen Arbeitsschutzvorschriften, eine Belästigung der Kollegen o. Ä.
5. Kündigung darf nur letztes Mittel sein
Trotz bestehenden Kündigungsgrundes und einer Abmahnung muss Ihre Dienststellenleitung ihren Kündigungsentschluss immer noch einmal überprüfen. Denn im Einzelfall kann das Interesse des Arbeitnehmers, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, stärker sein als ihr Interesse an einer Kündigung. Trotz Fehlverhaltens müsste sie ihn dann weiterbeschäftigen. Auch die Interessenabwägung muss Ihnen als Personalrat dargelegt werden. Prüfen Sie, ob Ihre Dienststellenleitung die folgenden Punkte bedacht hat:
Je mehr geistige Haken Sie setzen können, umso mehr spricht für die Weiterbeschäftigung und umso eher sollten Sie Ihre Zustimmung verweigern. Vor einer Kündigung muss Ihre Dienststellenleitung zudem immer prüfen, ob nicht durch mildere Maßnahmen die Kündigung vermeidbar ist. Fragen Sie also nach, welche milderen Mittel ausgeschöpft wurden. Als mildere Maßnahmen kommen etwa in Betracht: eine Versetzung an einen anderen Arbeitsplatz oder eine Änderungskündigung. Will Ihre Dienststelle keine milderen Mittel versuchen, erteilen Sie Ihre Zustimmung nicht.
So verweigern Sie Ihre Zustimmung zur Kündigung
Leitet Ihre Dienststellenleitung das Anhörungsverfahren ein und möchten Sie Ihre Zustimmung verweigern bzw. der Kündigung widersprechen, sollten Sie dies schriftlich tun. Etwa mit dem folgenden Schreiben:
An die Dienststellenleitung Ort, Datum
Zustimmung des Personalrats nach § 86 BPersVG zur Kündigung von Herrn … nach …; Ihr Mitbestimmungsersuchen vom …
Sehr geehrte Frau … / Sehr geehrter Herr …,
am … haben Sie das Anhörungsverfahren nach § 86 BPersVG zur außerordentlichen Kündigung von Herrn … eingeleitet. Nach eingehender Beratung und Erörterung kann der Personalrat seine Zustimmung nach § 86 BPersVG nicht erteilen.
Sie beabsichtigen, Herrn … wegen der Unterschlagung von 2 Briefmarken im Wert von 2x 0,60 ct zu kündigen. Es ist zwar richtig, dass der Diebstahl bzw. die Unterschlagung von geringwertigen Sachen eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Dennoch ist bei fristlosen Kündigungen immer auch eine Interessenabwägung durchzuführen. Abgewogen werden muss dabei Ihr Kündigungsinteresse gegen das Weiterbeschäftigungsinteresse des Beschäftigten.
Sie haben bei Ihrer Abwägung nicht zugunsten des Mitarbeiters berücksichtigt, dass er bereits seit über 15 Jahren als treuer und ehrlicher Mitarbeiter in der Dienststelle ist. Ferner blieb bei Ihrer Entscheidung völlig unberücksichtigt, dass der Mitarbeiter sich zwar die Briefmarken genommen hat, um private Briefe zu versenden. Er hat aber einen Zettel im Briefmarkenfach hinterlassen, auf dem er klargestellt hat, dass er sich die Briefmarken genommen hat, aber schon am nächsten Tag für Ersatz sorgen werde. Dies hat er nachweislich auch getan. Deswegen kann die Zustimmung zur Kündigung nicht erteilt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Unterschrift Personalratsvorsitzende

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