Von A bis Z – das sind die Stolperfallen des Rückkehrgesprächs

08. April 2024
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Krankenrückkehrgespräch – das klingt so einfach. Doch es hängen viele Fragen und Probleme da­ran, die klärungsbedürftig sind. Die Hauptprobleme und wichtigsten Fragen habe ich Ihnen im Folgenden aufgelistet.

Klären Sie Ihre Kollegen über diese Punkte auf

Abmahnung

Der Dienstherr darf Ihren Kollegen nicht wegen seiner Erkrankung abmahnen, sondern nur wegen Vertragsverletzungen. Fehlzeiten aufgrund von Krankheiten stellen grundsätzlich keine Vertragsverletzung dar. Geht die Dienststellenleitung von „Blaumachen“ aus, was tatsächlich ein Fehlverhalten ist, muss sie das belegen.

Ärztliche Schweigepflicht

Der Betroffene muss seinen Arzt nicht von der Schweigepflicht entbinden, wenn Ihr Dienstherr dies wünscht (Arbeitsgericht Bocholt, 29.4.93, Az. 1 Ca 225/93). Weigert er sich, seine behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht zu befreien, kann er im stattfindenden Kündigungsschutzprozess eine negative Gesundheitsprognose bestreiten. Der Dienstherr ist gezwungen, ein medizinisches Sachverständigengutachten einzuholen, um eine von ihm behauptete negative Gesundheitsprognose zu beweisen.

Art und Entwicklung der Erkrankung, Diagnose

Die Frage nach der Art oder der Entwicklung der Erkrankung des Kollegen ist erlaubt. Er muss aber nicht antworten, sondern ist nur verpflichtet, die Arbeitsfähigkeit anzuzeigen. Fragen nach früheren, ausgeheilten Erkrankungen sind von vornherein unzulässig. Weisen Sie den Kollegen bereits vor dem Gespräch darauf hin, dass er auf diese Fragen nicht antworten soll. Erkundigt sich der Dienstherr nach alten Erkrankungen, darf der Kollege auch lügen. Seine falsche Beantwortung darf keine nachteiligen arbeitsrechtlichen Konsequenzen für ihn haben.

Hinweis: Vorsicht, Falle

Solche Fragen können sehr geschickt in ein fürsorgliches Nachfragen verpackt werden. Sind Sie beim Gespräch nicht selbst anwesend, sollten Sie den Kollegen im Vorgespräch entsprechend sensibilisieren.

Krankenkontrolle

Ihr Dienstherr darf den Kollegen zu Hause anrufen, wenn er krank ist, und ihn besuchen. Aber: Der Kollege ist nicht verpflichtet, Gespräche entgegenzunehmen, und er muss die Tür nicht öffnen. Derartige Maßnahmen dienen eher dem psychologischen Druck und weniger dem Sammeln von Informationen. Sie sind deshalb als „Beweise“ untauglich. Später im Rückkehrgespräch darauf angesprochen, dass er nicht an die Tür oder ans Telefon gegangen sei, sollte der Kollege nicht darauf eingehen. Antworten wie „Dazu war ich nicht verpflichtet“ reichen aus.

Missbrauch der Entgeltfortzahlung

Einige Dienstherren nehmen kein Blatt vor den Mund: Sie werfen ihren Beschäftigten unverblümt und ganz direkt den Missbrauch der Entgeltfortzahlung vor. Hierzu sollte sich der Kollege ebenfalls nicht äußern, sich nicht provozieren lassen und Beweise fordern.

Private Situation

Besonders wenn Mitarbeiter häufiger erkranken, sind Dienstherren sehr daran interessiert, die Ursachen zu erfahren. Ihre Grenzen hat die Neugier bei allen Fragen, die den privaten Bereich betreffen, wie z. B. nach der familiären Situation, nach besonderen Verhaltensweisen etc. Alle Fragen danach sind unzulässig und dürfen auch falsch beantwortet werden.

Wichtig: Auf arbeitsplatzbedingte Ursachen hinweisen


Die Frage nach den Ursachen ist für den Kollegen und/oder für Sie als Personalrat eine gute Gelegenheit, auf arbeitsplatzbezogene Missstände aufmerksam zu machen. Achten Sie darauf, dass die Angaben protokolliert werden – schreiben Sie auf jeden Fall mit. Im Idealfall können im Rückkehrgespräch sogar bereits Lösungen angesprochen (und ebenfalls schriftlich festgehalten) werden. Fertigen Sie zusammen mit dem Kollegen bereits vor dem Gespräch eine Liste an.

Protokoll

Der Kollege sollte – möglichst mit Ihnen zusammen – direkt im Anschluss das Protokoll durchlesen und auf Vollständigkeit sowie Richtigkeit überprüfen. Unterschreiben muss er es nicht. Er sollte dies auch nicht tun.

Teilnahme am Rückkehrgespräch

Der Kollege ist verpflichtet, am Rückkehrgespräch teilzunehmen. Im Übrigen unterfällt das Gespräch in der Regel dem Direktionsrecht des Dienstherrn. Weigert Ihr Kollege sich, kann es zu einer Abmahnung kommen.

Untersuchung durch Betriebsarzt

Ihr Kollege ist nicht verpflichtet, sich von einem Betriebsarzt untersuchen zu lassen, wenn der Dienstherr dies fordert. Eine Untersuchungspflicht besteht nur dann, wenn sie gesetzlich, durch Verordnung oder durch einen Tarifvertrag festgelegt ist (z. B. bei der Arbeit im Lärmbereich). Auch dann darf der Betriebsarzt dem Dienstherrn aber nur mitteilen, ob er Bedenken gegen den weiteren Einsatz in diesem Bereich hat.

Worauf Sie außerdem achten sollten

Jede Kollegin und jeder Kollege Ihrer Dienststelle darf Sie ins Rückkehrgespräch mitnehmen. Aber selbst wenn Sie während des Gesprächs anwesend sind, sollten Sie den Betroffenen im Vorfeld über seine Rechte aufklären. Verplappert er sich nämlich, können Sie das auch dann nicht verhindern, wenn Sie sich im selben Raum befinden. Achten Sie im Übrigen im Verlauf des Gesprächs auf Folgendes:

  • Der Dienstherr sollte es immer sofort begründen, wenn er Vorschläge des Kollegen ablehnt.
  • Der Kollege sollte stets ausreden dürfen.
  • Das Gespräch sollte zielorientiert bleiben.

Schützen Sie die Daten Ihrer Kollegen und Kolleginnen

Die Personendaten Ihrer Kolleginnen und Kollegen unterliegen dem Datenschutz durch das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) und die Datenschutz-Grundverordnung. Das gilt auch für sämtliche Informationen, die die Dienststellenleitung im Rahmen der Personalpflege (also beispielsweise in Rückkehrgesprächen) ermittelt. Ziehen Sie in Zweifelsfragen unbedingt den Datenschutzbeauftragten Ihrer Dienststelle zurate.

Entscheidend ist für Sie als Personalrat, speziell im Hinblick auf Rückkehrgespräche, § 26 BDSG. Es handelt sich dabei um eine zentrale Regelung für den Arbeitnehmerdatenschutz. Danach dürfen personenbezogene Daten zu Beschäftigungszwecken nur dann erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn das für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses erforderlich ist. Es handelt sich dabei insbesondere um fachliche Fähigkeiten, Kenntnisse und Erfahrungen. Das gilt auch, wenn die Informationen für die Durchführung oder Beendigung bzw. Abwicklung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich sind. Das bedeutet: Informationen über die Gesundheit, die für das Beschäftigungsverhältnis eine Rolle spielen, darf der Dienstherr speichern. Tabu sind dagegen private Informationen und Daten über den Gesundheitszustand, die für die Beschäftigung nicht ausschlaggebend sind (Beispiel: eine lange zurückliegende ausgeheilte Erkrankung).

Auch nach dem Gespräch gibt es noch einiges für Sie zu tun

Durch Ihre Teilnahme an Krankenrückkehrgesprächen gewinnen Sie einige wertvolle Informationen. Diese sollten Sie nutzen, um für Ihre Kolleginnen und Kollegen das Beste aus den Rückkehrgesprächen zu machen. Aus jedem Gespräch kann man lernen. Wichtig sind dabei folgende Punkte:

Für Offenheit in der Dienststelle sorgen

Leiten Sie die Ergebnisse und Erkenntnisse der Gespräche an den jeweiligen Arbeitsbereich weiter. Hierfür benötigen Sie das Einverständnis der betreffenden Kollegen. Sind auch die anderen Beschäftigten informiert, vermeiden Sie eine Stimmung des Misstrauens und Belauerns unter den Kollegen. Darüber hinaus erhalten Sie auf diese Weise eventuell weitere wertvolle Informationen für eine verbesserte Gesundheitsprävention.

Ursachen in der Dienststelle aufdecken

Sinnvoll ist es, hin und wieder eine Analyse aller Gespräche durchzuführen. Häufig fallen generelle Probleme erst durch diese Maßnahme auf.

Beispiel: Immer wieder dieselbe Abteilung

Ihnen fällt nach einer Analyse der letzten Rückkehrgespräche auf, dass die meisten Krankmeldungen aus der Abteilung XY kommen. In den Gesprächen erwähnen die Kollegen immer wieder Ärger mit einem bestimmten Vorgesetzten. Es stellt sich heraus, dass der Vorgesetzte sehr problematisch ist. Möglicherweise können Sie bzw. Ihr Dienstherr das Problem durch ein Gespräch mit dem Vorgesetzten besser lösen als mit Rückkehrgesprächen.

Ermitteln Sie die Kosten

Versuchen Sie, die Kosten der Rückkehrgespräche zu ermitteln. Setzen Sie hierfür die aufgewendete (Vorbereitungs-)Zeit für alle am Gespräch Beteiligten an. Möglicherweise ist der Dienstherr überrascht, welche Kosten solche Gespräche verursachen. Vielleicht möchte er die Ausgaben dann doch eher für eine präventive Gesundheitspolitik verwenden. Das wäre natürlich ideal für alle Beschäftigten.

So könnte ein Gespräch ganz konkret ablaufen

Abschließend habe ich hier noch ein Muster-Gespräch für Sie skizziert:

Das ideale Rückkehrgespräch

Bestandteile des GesprächsBeispiele
Freundliche Begrüßung„Hallo, Herr Müller!“
Freude über die Rückkehr Ihres Mitarbeiters„Schön, dass Sie wieder da sind!“
Frage nach dem Befinden„Wie geht es Ihnen denn? Haben Sie sich gut erholt? Sind Sie wieder ganz gesund?“
Frage nach möglichen betrieblichen Ursachen„Denken Sie, Ihre Knieschmerzen könnten mit Ihrer Arbeit zu tun haben?“
Falls die vorherige Frage bejaht oder nicht vollkommen verneint wird: gemeinsam nach Lösungswegen suchen und auch realisieren (bei privaten Ursachen: Hilfsangebot, soweit möglich)„Was halten Sie davon, wenn wir uns einmal zusammensetzen und überlegen, was wir dagegen tun können? Würde es Ihnen am kommenden Montag um 10 Uhr passen?“
Informationen über wichtige Vorkommnisse während der Abwesenheit Ihres Kollegen (kann auch als Einstiegshilfe in das Gespräch dienen)„In Ihrer Abwesenheit konnten wir das Problem mit der Verbandsgemeinde … endlich in den Griff bekommen. Die Unterlagen liegen auf Ihrem Tisch. Schauen Sie mal rein und setzen Sie sich gleich mit Herrn Henssler in Verbindung.“
Positiver Ausklang, Wünsche für einen guten Start„Viel Spaß heute! Lassen Sie es ruhig angehen.“
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