Lesezeit 3 Minuten
Gewährt Ihr Dienstherr Ihnen und Ihren Kolleginnen und Kollegen finanzielle Extras oder auch Vergünstigungen, ohne dazu eine ausdrückliche Regelung zu treffen, und setzt er die entsprechende Zahlung später aus bzw. gewährt die Vergünstigung nicht mehr, sollten Sie an eine betriebliche Übung denken.
Prüfen Sie, ob Sie sich auf ein Gewohnheitsrecht wie die betriebliche Übung berufen können. Ist diese entstanden, haben Sie Glück, denn dann haben Sie auch weiterhin Anspruch auf die entsprechende Leistung.
Was ist eine betriebliche Übung?
Umgangssprachlich ist die betriebliche Übung oder Betriebsübung als „Gewohnheitsrecht“ bekannt. Dazu gehören z. B. das freiwillig gezahlte Urlaubs- und das Weihnachtsgeld. Juristisch wird unter einer betrieblichen Übung die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Dienstherrn verstanden, aus denen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer schließen können, dass er ihnen eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer einräumen werde (Bundesarbeitsgericht, 23.8.2017, Az. 10 AZR 136/17).
Voraussetzung: kollektiver Bezug
Für eine betriebliche Übung genügt es nicht, dass Ihr Arbeitgeber einem einzelnen Kollegen wiederholt bestimmte Leistungen gewährt. Maßgeblich ist vielmehr immer ein kollektiver Bezug.
Das heißt: Eine betriebliche Übung kann nur entstehen, wenn
- alle Arbeitnehmer bzw.
- eine klar abgrenzbare Gruppe von Arbeitnehmern
von der jeweiligen Leistung oder Vergünstigung profitiert.
Die betriebliche Übung im öffentlichen Dienst
Ihr Dienstherr ist an Weisungen vorgesetzter Dienststellen, an Richtlinien, Verordnungen, Gesetze und an Tarifverträge gebunden. Nur durch einen zusätzlichen Vertrauenstatbestand, z. B. die ausdrückliche Zusage einer Leistung, kann überhaupt eine betriebliche Übung entstehen. Ihr Dienstherr will nämlich eigentlich nur die Leistungen gewähren, zu denen er rechtlich verpflichtet ist, sodass eine übertarifliche Bezahlung eine Ausnahme darstellt.
Alle können die Ansprüche geltend machen
Ansprüche aus betrieblicher Übung können alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geltend machen. Das gilt auch dann, wenn ein Kollege die Vergünstigung bislang noch nie erhalten hat, zum Beispiel, weil er die entsprechenden Voraussetzungen nicht erfüllte. Deshalb haben auch neu eingestellte Kollegen einen Anspruch.
Eine betriebliche Übung entsteht in 3 Schritten
- Schritt: Ihr Dienstherr gewährt wiederholt vorbehaltlos bestimmte Leistungen/Vergünstigungen.
- Schritt: Lässt sich aus diesem Verhalten Ihres Dienstherrn und den damit verbundenen Begleitumständen schließen, dass Ihnen diese Leistung/Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden soll, wird die gewährte Leistung/Vergünstigung rechtlich als Vertragsbestandteil gewertet.
- Schritt: Sie und Ihre begünstigten Kollegen nehmen das entsprechende Vertragsangebot an, indem Sie die Leistung/Vergünstigung widerspruchslos entgegennehmen.
Prüfen Sie mit dieser Checkliste, ob es Leistungen aus einer betrieblichen Übung bei Ihnen gibt
Können Sie auch nur einmal mit „Ja“ antworten, könnte es einen Anspruch auf die Leistung aus dem Grundsatz der betrieblichen Übung auch in der Zukunft geben:
Checkliste: Wichtige Anwendungsfälle einer betrieblichen Übung
- übertarifliche Leistungen
- Vergütung von Bereitschaftsdiensten
- Jubiläumszuwendungen
- Essens- und Fahrtkostenzuschüsse sowie Beihilfen
- großzügige Urlaubsübertragungen
- kostenlose Nutzung von Behördenparkplätzen
- betriebliche Altersversorgung
- Sonderzuwendungen für Betriebsrentnerinnen und -rentner
- Nichtanrechnung von Tariferhöhungen auf freiwillige Zahlungen
- Übernahme der Pauschalsteuer bei geringfügiger Beschäftigung
- Freizeit an Heiligabend, Silvester etc.

Sie erhalten innerhalb von 24 Stunden Ihre Antwort!