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In diesem Fall des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz musste eine Arbeitnehmerin für das Weiterleiten von Fotos eine Entschädigung zahlen (8.8.2023, Az. 8 Sa 332/22). Weisen Sie Ihre Kolleginnen und Kollegen darauf hin, dass auch Streitigkeiten untereinander zu Rechtsansprüchen und teuren Zahlungen führen können.
Der Fall: Ein kaufmännischer Angestellter teilte sich das Büro mit einer Kollegin. Die beiden stritten sich immer wieder über unterschiedliche Angelegenheiten. Im Zuge einer dieser Streitigkeiten leitete die Arbeitnehmerin intime Fotos ihres Arbeitskollegen an eine andere Kollegin weiter. Es handelte sich um Video-Screenshots von ihrem Kollegen mit erotischem oder teilweise pornografischem Inhalt. Die Bilder hatte die Beschäftigte über eine Facebook-Gruppe erhalten, in der sie und ihr Kollege Mitglieder waren.
Der betroffene Arbeitnehmer klagte
Der Arbeitnehmer wollte das nicht hinnehmen und zog gegen seine Kollegin vor das Arbeitsgericht. Er verlangte Schadenersatz.
Die Entscheidung des Gerichts
Das Urteil: Das Landesarbeitsgericht sprach dem Arbeitnehmer einen Schadenersatzanspruch zu. Die Entschädigungssumme betrug immerhin 3.000 Euro.
Das Gericht begründete den Anspruch auf Schadenersatz damit, dass das Weiterleiten intimer, erotischer oder sogar pornografischer Fotos an Kollegen oder Dritte ohne Zustimmung der abgebildeten Person deren Persönlichkeitsrecht verletze. Die Richter stellten klar, dass sich der Entschädigungsanspruch aus dem Grundrecht auf Menschenwürde und aus den Persönlichkeitsrechten ergebe. Das Gericht wies in seiner Entscheidung zudem darauf hin, dass ein hierauf gestützter Entschädigungsanspruch einen schwerwiegenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht voraussetze. Dieser ergebe sich aus der Gesamtbetrachtung im jeweiligen Einzelfall.
Hier hielt das Gericht den Anspruch für gegeben und belastete vor allem den bloßstellenden, erniedrigenden und demütigenden Charakter der Übersendung der Fotos zulasten des Arbeitnehmers.
Fazit: Fotos niemals ohne Genehmigung weitergeben
Das Weiterleiten von Nacktfotos am Arbeitsplatz unter Kolleginnen und Kollegen ohne die Zustimmung der abgebildeten Person ist ein schwerer Eingriff in deren Persönlichkeitsrecht. Ihr Dienstherr könnte dafür arbeitsrechtlich auch die Erteilung einer Kündigung in Erwägung ziehen. Das sollten Sie Ihren Kolleginnen und Kollege mit auf den Weg geben.
Denn viele sind im Alltag der Meinung, ihnen könne im öffentlichen Dienst „nichts passieren“. Das ist aber mitnichten so. Selbst bestehender Sonderkündigungsschutz kann unter Umständen nicht weiterhelfen.
Hinweis: Schadenersatz und Schmerzensgeld
Das deutsche Recht unterscheidet zwischen gesetzlichen und vertraglichen Schadenersatzansprüchen sowie Schmerzensgeld.
Vertraglich kann es zu Ansprüchen bei Verletzungen einer Haupt- oder Nebenleistungspflicht kommen. So ist beispielsweise nach dem Kaufrecht der Verkäufer durch den Kaufvertrag verpflichtet, die Sachen mangelfrei zu übergeben und das Eigentum an der Sache zu verschaffen. Erfüllt er diese Verpflichtungen nicht, hat er u. U. Schadenersatz zu leisten. Das können Verzugszinsen sein oder weitere Schäden, die im Vertrauen auf die Lieferung entstanden sind.
Voraussetzung für einen Anspruch ist grundsätzlich rechtswidriges und schuldhaftes Handeln oder Unterlassen. Ausnahmsweise kommt eine verschuldensunabhängige Garantiehaftung oder eine Gefährdungshaftung zum Tragen. Verschulden ist ein Zurechnungsmaßstab für eigenes rechtswidriges Verhalten. Der Schadenersatzanspruch ist auf Ausgleich des messbaren Schadens gerichtet. Daneben kann bei Personenschäden Anspruch auf ein angemessenes Schmerzensgeld entstehen.
Gibt es ein Mitverschulden des Geschädigten, kann das einem entsprechenden Anspruch natürlich entgegengehalten werden. Auch mehrere können gemeinsam als Gesamtschuldner haften.
§ 823 Bürgerliches Gesetzbuch
§ 823 Schadenersatzpflicht
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.