Arbeitszeit und Mitbestimmung: Wo, wann und wie reden Sie mit?

05. Mai 2022

Nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG) bestimmen Sie als Personalrat bei der Arbeitszeit mit. Und auch der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) bietet in Sachen Arbeitszeit „Einbruchstellen“ für Ihre Mitbestimmung. In welchen Bereichen Sie genau mitbestimmen und so die Rechte Ihrer Kolleginnen und Kollegen umfassend wahren können, verrate ich Ihnen in diesem Beitrag.

Ihre Mitbestimmung nach dem BPersVG

Nach dem BPersVG bestimmen Sie mit bei

  • dem Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit: Wird z. B. von 8 bis 13 Uhr oder von 9 bis 17 Uhr gearbeitet?
  • der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage: Arbeiten Sie in der 5oder 4-Tage-Woche?
  • der Lage der Pausen: Machen Sie mehrere kleine Pausen oder eine große, und wie legen Sie die Pausen zeitlich?

Was Sie zu Pausen wissen sollten

§ 4 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) regelt, dass nach mehr als 6 Stunden Arbeitszeit eine Ruhepause von einer halben Stunde durchzuführen ist. Diese kann durch 2 Pausen von je einer Viertelstunde ersetzt werden. Die Pausenzeit zählt nicht zur Arbeitszeit. Aus diesem Grund sind Ihre Kolleginnen und Kollegen in dieser Zeit von allen Tätigkeiten für den Dienstherrn freizustellen.

Wie die Pausen gelegt werden, schreibt das Gesetz nicht vor. Sie können die Pausen deswegen einseitig vom Dienstherrn festlegen lassen oder Ihr Mitbestimmungsrecht nutzen. Letzteres würde ich Ihnen empfehlen, denn nur so werden Sie Ihrem Auftrag als Personalrat gerecht!

Arbeitszeit und TVöD

Nicht mitbestimmen können Sie beim Umfang der wöchentlichen Arbeitszeit, die im TVöD vorgegeben ist. Ihre Mitbestimmung beschränkt sich auf die Verteilung der Arbeitszeit. Vorgegeben ist im TVöD die folgende Arbeitszeitdauer:

Arbeitszeit nach TVöD

Bundesbeschäftigte39 Wochenstunden
Beschäftigte im Bereich der Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände (VKA) Tarifgebiet West  39 Wochenstunden
Beschäftigte im Bereich VKA Tarifgebiet Ost40 Wochenstunden

Bilden Sie den Durchschnitt

Möchten Sie prüfen, ob Ihre Dienststellenleitung die Vorgaben des TVöD einhält, stellen Sie nicht nur auf die letzte Woche ab. Ziehen Sie einen längeren Zeitraum heran, nämlich die letzten 12 Monate. Gehen Sie ab Ihrem Prüfungszeitpunkt also 12 Monate zurück. Bilden Sie dann den Durchschnitt der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit (§ 6 Abs. 2 TVöD). Denken Sie aber auch immer daran, dass die meisten Mitarbeiter nicht klassisch von morgens bis abends arbeiten.

Wechselschicht und Schichtarbeit

Wechselschicht bzw. Schichtarbeit leisten Sie bzw. Ihre Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie die folgenden Voraussetzungen nach § 7 Abs. 1 und 2 TVöD erfüllen:

  • Die Wechselschichtarbeit ist in einem Schichtplan festgeschrieben. Dabei sind wechselnde Arbeitsschichten bestimmt, in denen ununterbrochen Tag und Nacht – werktags, sonntags und feiertags – gearbeitet wird. Wer sowohl in der Tagschicht als auch in der Nachtschicht eingesetzt wird, leistet Wechselschichtarbeit im Sinne des TVöD und hat deswegen auch Anspruch auf die Zulagen und den Zusatzurlaub. Dem steht nicht entgegen, dass die Schichtdienste auch Zeiten des Bereitschaftsdienstes enthalten.
  • Schichtarbeit ist ebenfalls in einem Schichtplan festgelegt. Dabei wechselt der Beginn der täglichen Arbeitszeit um mindestens 2 Stunden für einen Zeitabschnitt von längstens einem Monat. Die Schichtarbeit wird innerhalb einer Zeitspanne von mindestens 13 Stunden geleistet.

Arbeiten Ihre Kolleginnen und Kollegen in Schicht- und Wechselschichtarbeit, erhalten sie eine Schichtzulage von monatlich 40 € und eine Wechselschichtzulage von monatlich 105 €.

Regelungen zu Überstunden & Co.

Die Vorschriften zu Nachtarbeit, Mehrarbeit und Überstunden finden Sie in § 7 TVöD und in § 6 ArbZG, und zwar:

  • Nachtarbeit ist die Arbeit zwischen 21 und 6 Uhr. Denken Sie daran: Nachtarbeit liegt nicht nur dann vor, wenn ausschließlich in der Nachtzeit gearbeitet wird. Vielmehr gilt als Nachtarbeit, wenn die Arbeit mehr als 2 Stunden der Nachtzeit umfasst.
  • Mehrarbeit sind die Arbeitsstunden, die Teilzeitbeschäftigte über die vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit hinaus bis zur regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten (§ 6 Abs. 1 Satz 1 ArbZG) leisten.

Dieser Paragraf bezieht sich nur auf die Teilzeitler

Die Spanne von Teilzeit zu Vollzeit ist Mehrarbeit, erst bei Überschreiten der Vollzeit liegen Überstunden vor.

Sie reden mit

Auch hier haben Sie als Personalrat Mitbestimmungsrechte – denn es geht ja um die Verteilung der Arbeitszeit. Nutzen Sie diese, damit nicht etwa einzelne Kolleginnen und Kollegen immer wieder zu Nachtarbeit oder Überstunden eingeteilt werden und andere wiederum nur zur Normalschicht.

So viel Geld gibt’s für Überstunden & Co.

Auch im öffentlichen Dienst wird Mehrarbeit nicht umsonst geleistet. Wie viel Sie dafür erhalten, regelt § 8 TVöD: Neben dem Entgelt für die tatsächliche Arbeitsleistung haben die Beschäftigten einen Anspruch auf Zeitzuschläge. Die Zeitzuschläge betragen – auch bei Teilzeitbeschäftigten – je Stunde:

Zuschläge nach dem TVöD

ArbeitsformArbeitsform
Überstundenin den Entgeltgruppen 1 bis 9: 30 %, in den Entgeltgruppen 10 bis 15: 15 %
Nachtarbeit20 %
Sonntagsarbeit25 %
FeiertagsarbeitFeiertagsarbeit ohne Freizeitausgleich: 135 %, mit Freizeitausgleich: 35 %
24.12., 31.12.für Arbeit jeweils ab 6 Uhr: 35 %
Arbeit an Samstagenfür Arbeit von 13 bis 21 Uhr, soweit diese nicht im Rahmen von Wechselschichtoder Schichtarbeit anfällt: 20 %

Achtung: Nur der Höchste zählt

Fallen wegen der Eigenart der Arbeitsleistung mehrere Zuschlagsarten zusammen, wird ausschließlich der höchste Zuschlag gezahlt, es erfolgt keine Kumulierung. Eine wichtige Ausnahme gibt es allerdings für den Überstunden- und den Nachtarbeitszuschlag.

Wenn eine Abweichung gewünscht ist

An die Vorgaben des TVöD muss sich Ihre Dienststellenleitung nicht sklavisch halten. Manchmal ist dies auch gar nicht sinnvoll: Warum sollten Beschäftigte z. B. in ein enges Arbeitszeitkorsett gepresst werden, wenn sie doch mit flexiblen Arbeitszeitmodellen viel besser fahren? In § 7 ArbZG ist geregelt, dass von seinen Vorgaben bezüglich der Höchstarbeitszeit in einem Tarifvertrag abgewichen werden kann. Mit § 6 Abs. 4 TVöD wurde von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht.

Hier sind Sie gefragt

§ 6 Abs. 4 TVöD gibt vor, dass eine Abweichung nur per Dienstvereinbarung vorgenommen werden kann. Er gibt Ihnen als Personalrat also ein direktes Mandat an die Hand.

Flexible Arbeitszeitmodelle nicht vergessen

Setzen Sie sich auf alle Fälle auch mit der Möglichkeit flexibler Arbeitszeitmodelle auseinander. Diese kommen Ihren Kolleginnen und Kollegen oft sehr entgegen. Über folgende Punkte sollten Sie sich Klarheit verschaffen:

Arbeitszeitkorridor

Hier wird eine Bandbreite vorgegeben, innerhalb derer die Arbeitszeit abweichend von der tariflichen Arbeitszeit dauerhaft festgelegt werden darf (nach § 6 Abs. 6 TVöD 45 Stunden wöchentlich). In diesem Fall müssen zwingend Arbeitszeitkonten geführt werden. Ein Arbeitszeitkorridor muss durch eine Dienstvereinbarung festgelegt werden.

Gleitzeit

Festgelegt werden hier eine Kernarbeitszeit und eine Mindestarbeitszeit. Während der Kernarbeitszeit müssen Ihre Kolleginnen und Kollegen anwesend sein. Um die Kernzeit herum liegt die Gleitzeit, die Kolleginnen und Kollegen können innerhalb dieser ihre Anwesenheit frei regeln. Sie müssen aber auch die Mindestarbeitszeit erreichen. Je nachdem, wann sie in Gleitzeit anfangen und aufhören, werden Plus- und Minusstunden aufgebaut, die innerhalb eines gewissen Zeitraums auszugleichen sind. Eine Abweichung vom ArbZG ist in diesem Bereich möglich.

Dienstvereinbarung ist auch hier sinnvoll

Die Gleitzeit müssen Sie nicht durch eine Dienstvereinbarung regeln. Dennoch würde ich das an Ihrer Stelle tun, denn alles andere führt nur zu einem Durcheinander. Mit einer Dienstvereinbarung weiß jeder Beschäftigte genau, woran er ist.

Rahmenarbeitszeit

Das ist ein Zeitraum, innerhalb dessen die tägliche Arbeitszeit zu leisten ist, etwa von 8 bis 20 Uhr. Dazu sind Arbeitszeitkonten nötig. Die Rahmenarbeitszeit kann nur durch eine Dienstvereinbarung festgelegt werden.

Nutzen Sie Öffnungsklauseln

Öffnungsklauseln sind Regelungen, die eine Abweichung vom Tarifvertrag per Dienstvereinbarung gestatten. § 6 Abs. 4 TVöD ist aber nicht die einzige Öffnungsklausel im TVöD oder Tarifvertrag der Länder (TV-L). Weitere sind:

Öffnungsklauseln im TVöD

ÖffnungsklauselRegelungsinhalt
§ 6 Abs. 4 TVöD/TV-LVon § 7 Abs. 1 und Abs. 2 ArbZG kann bei dringenden betrieblichen Gründen durch eine Dienstvereinbarung abgewichen werden.
§ 6 Abs. 6 TVöD/TV-LIn einer Dienstvereinbarung kann ein Arbeitszeitkorridor von 45 Stunden vorgegeben werden.
§ 6 Abs. 7 TVÖD/TV-LPer Dienstvereinbarung kann eine Rahmenarbeitszeit in der Zeit von 6 bis 20 Uhr von täglich bis zu 12 Stunden eingeführt werden.
§ 9 Abs. 2 TVöD/§ 6 Abs. 9 TV-LIm Bereich der VKA kann Bereitschafts dienst nur durch eine Dienstvereinbarung eingeführt werden.
§ 10 Abs. 1 TVöD/TV-LArbeitszeitkonten können nur durch eine Dienstvereinbarung eingeführt werden.
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