Scheiden Sie aus dem Arbeitsverhältnis aus oder wechseln Sie in eine andere Abteilung, benötigen Sie ein Zeugnis, um Ihre bisherigen Leistungen zu dokumentieren. Wie soll Ihr neuer Vorgesetzter oder Ihr neuer Chef sonst von Ihren Leistungen erfahren? Fraglich ist, ob wirklich jeder Beschäftigte einen Anspruch auf ein Zeugnis hat.
Jeder hat einen Anspruch auf ein Zeugnis
Anspruch auf ein Arbeitszeugnis haben alle Arbeitnehmer sowie arbeitnehmerähnlichen Personen. Zu diesem Personenkreis zählen auch etwa Heimarbeiter (§ 5 Abs. 1 Arbeitsgerichtsgesetz). Regeln zum Arbeitszeugnis finden sich in § 630 Bürgerliches Gesetzbuch, § 109 Gewerbeordnung und § 35 Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD). Grundsätzlich wird ein Zeugnis erst am Ende der Zusammenarbeit ausgestellt und kann auch erst dann verlangt werden. Aber wie immer gibt es auch hier eine Ausnahme von der Regel: Sie und Ihre Kollegen können schon vor Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses ein Zwischenzeugnis verlangen. Das gilt aber nur, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind, etwa wenn sich Ihr Aufgabenbereich vollkommen ändern wird und Sie eine Bescheinigung Ihrer bisherigen Leistungen im alten Aufgabenbereich wünschen. Wenn Sie hier kein Zwischenzeugnis verlangen, kann es passieren, dass irgendwann niemand mehr Auskunft über Ihre bisherigen Leistungen geben kann, weil relevante Personen in Rente gegangen sind oder selbst versetzt wurden. Also handeln Sie lieber zeitnah.
3 Zeugnisarten laut TVöD
Als Beschäftigter im öffentlichen Dienst ist für Sie der TVöD maßgeblich. § 35 TVöD unterscheidet 3 Zeugnisarten: Zwischenzeugnis, Endzeugnis und vorläufiges Zeugnis.
- Endet Ihr Beschäftigungsverhältnis, haben Sie nach § 35 Abs. 1 TVöD Anspruch auf ein qualifiziertes Endzeugnis. Ihre Dienststellenleitung muss dies unverzüglich – das heißt: ohne schuldhaftes Verzögern – ausstellen.
- Befinden Sie sich in einem gekündigten Beschäftigungsverhältnis und ist die Kündigungsfrist noch nicht abgelaufen, haben Sie einen Anspruch auf ein vorläufiges Zeugnis, das Sie zu Bewerbungszwecken nutzen können.
- Möchten Sie den Arbeitsplatz wechseln oder werden Sie höhergruppiert, lassen Sie sich über Ihre bisherige Tätigkeit ein Zwischenzeugnis erteilen. So können Sie Ihre bisherigen Leistungen dokumentieren. Nach § 35 Abs. 2 TVöD haben Sie einen Anspruch auf ein Zwischenzeugnis bei Vorliegen triftiger Gründe.
Lassen Sie sich nicht zu lange Zeit!
Endet Ihr Beschäftigungsverhältnis, haben Sie alle Hände voll zu tun. Der Gang zur Agentur für Arbeit steht an, eventuell auch der Gang zum Rechtsanwalt oder Sie treten gleich unmittelbar eine neue Stelle an. Eines sollten Sie jedoch auf Ihrer Prioritätenliste ganz nach oben setzen: Prüfen Sie offene Ansprüche gegen Ihre Dienststellenleitung – vor allen Dingen auch den Zeugnisanspruch. Dies vor allen Dingen aus den folgenden Gründen:
Verjährung des Zeugnisanspruches
Ihr Zeugnisanspruch verjährt binnen 3 Jahren. Die Frist beginnt dabei mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Anspruch auf Zeugniserteilung entstanden ist.
Verwirkung des Zeugnisanspruches
In der Praxis ist allerdings die Verwirkung viel relevanter. Diese greift, wenn
- Ihr Kollege sein Recht über längere Zeit hinweg nicht ausgeübt hat (Zeitmoment) und
- bei Ihrer Dienststellenleitung dadurch die Überzeugung ausgelöst hat, er werde sein Recht nicht mehr durchsetzen.
Die Verwirkung führt im Ergebnis dazu, dass der Anspruch auf Zeugniserteilung erlischt – und das kann deutlich vor der Verjährung sein, z. B. schon nach einigen Monaten.
Ausschlussfrist nach dem TVöD
In § 37 TVöD ist eine Ausschlussfrist niedergelegt. Ansprüche, die Sie nicht innerhalb von 6 Monaten nach Eintritt der Fälligkeit geltend machen, verfallen. Diese Ansprüche sind unwiederbringlich verloren. Auch Ihr Zeugnisanspruch fällt unter diese Ausschlussfrist. Machen Sie Ihren Anspruch also auf alle Fälle rechtzeitig geltend! Aufschieben lohnt bei der Rechtsdurchsetzung selten. Schmieden Sie das Eisen, solange es noch heiß ist.
Der erste Blick ist entscheidend: So muss ein Zeugnis aussehen
Bei einem Zeugnis kommt es nicht nur darauf an, dass man es bekommt, sondern vielmehr auch, wie es inhaltlich gestaltet ist. Einen neuen Dienstherrn interessiert nicht, ob Sie das Zeugnis pünktlich erhalten haben, sondern, was drinsteht. Und so muss ein Zeugnis aufbautechnisch gestaltet sein:
Einleitung
Hierher gehören Angaben wie
- Vorname,
- Familienname,
- Geburtsdatum,
- Geburtsort,
- akademische Titel,
- der Beginn und
- ggf. auch das Ende des Beschäftigungsverhältnisses.
Das leuchtet ein und doch passieren hier sehr schnell Fehler. Ihre Kollegen sollten das Vorhandensein der Angaben daher immer prüfen. Fehlt eine Angabe, sollten sie gleich eine Berichtigung verlangen.
Aufgabenbeschreibung
Hier werden Ihre Aufgaben seit Beginn Ihres Arbeitsverhältnisses dargestellt. Es geht also um eine Beschreibung Ihres Arbeitsplatzes und Ihrer Funktionen dort. Ihre Tätigkeit wird hier inhaltlich beschrieben.
Leistungsbeurteilung
Die Leistungsbeurteilung betrifft die Frage, wie gut oder eben wie schlecht ein Beschäftigter seine Aufgaben erledigt hat. Sie enthält etwa Aussagen über die Leistungsbereitschaft, die Arbeitsbefähigung, die Arbeitsweise, die Arbeitserfolge (Qualität) sowie eine zusammenfassende Wertung.
Wichtig ist hier auch, dass eventuelle berufs- oder branchenspezifische Besonderheiten erwähnt werden, soweit dies üblich ist – etwa die Belastbarkeit in Stresssituationen bei einem Zeitungsredakteur (Bundesarbeitsgericht, 12.8.2008, Az. 9 AZR 632/07). Die Bescheinigung von Fleiß, Sorgfältigkeit, Zuverlässigkeit sowie einer überdurchschnittlichen Auffassungsgabe ist hingegen nicht rechtlich notwendiger Bestandteil eines Zeugnisses, so das Arbeitsgericht (ArbG) Aachen (16.5.2007, Az. 6 Ca 2800/06).
Verhaltensbeurteilung
Unter dem Ausdruck „Führung des Mitarbeiters“ werden sein Sozialverhalten, seine Kooperations- und Kompromissbereitschaft, sein Führungsverhalten und -stil verstanden. Es geht also um die Beurteilung des gesamten dienstlichen Verhaltens eines Arbeitnehmers – zu Vorgesetzten, Arbeitskollegen und eventuell Kunden, Patienten, Lieferanten usw. (ArbG Köln, 15.5.2006, Az. 9 Ca 5675/05).
Schlussformulierung
Hier geht es um die Art und Weise der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses (z. B. einvernehmlich oder auf eigenen Wunsch), den Beendigungstermin (soweit in der Einleitung noch nicht genannt), ggf. Dank für die Zusammenarbeit, Bedauern des Ausscheidens und Wünsche für die Zukunft.
Dienststellenleitung hat keine Bringschuld
Was Sie beim Arbeitszeugnis unbedingt auch beachten sollten: Ihre Dienststellenleitung muss es Ihnen nicht nach Hause schicken. Vielmehr müssen Sie es sich in der Dienststelle zusammen mit Ihren anderen Arbeitspapieren abholen. In der Praxis wird das Zeugnis aber oft versendet.
Ausnahme: Sie können das Zeugnis und die Papiere nicht abholen, weil Sie weggezogen oder erkrankt sind. Dann müssen die Papiere Ihnen selbstverständlich zugeschickt werden. Das Zeugnis darf Ihre Dienststellenleitung zum Versand aber nicht knicken bzw. nur so, dass auf einer Kopie keine Falze zu erkennen sind. Denn das entwertet das Zeugnis. Grundsätzlich muss Ihnen das Zeugnis also ungeknickt zugeschickt werden, am besten in einem Briefkuvert mit verstärktem Rücken.
Was inhaltlich aufgenommen werden darf
Ein Arbeitszeugnis muss wohlwollend formuliert sein. Das heißt, Ihre Dienststellenleitung muss das Zeugnis so abfassen, dass Ihnen bzw. Ihren Kollegen damit auf dem Arbeitsmarkt keine Steine in den Weg gelegt werden. Andererseits muss das Zeugnis aber natürlich auch wahrheitsgemäß sein, was im Einzelfall nachteilig für die Beschäftigten sein kann. Hier gibt es eine Art Spannungsfeld. Was darf dann aber ins Zeugnis aufgenommen werden und was nicht? Dies entnehmen Sie der folgenden Übersicht:
Übersicht: Inhalt des Arbeitszeugnisses
Übersicht: Zeugnisinhalt | |
Angaben | Erlaubt? |
Abmahnungen | nein |
Alkoholgenuss | nein |
Anschrift | zulässig, aber nicht im Adressfeld |
Beförderungen | ja |
Personalratstätigkeit | nein (Ausnahme: auf ausdrücklichen Wunsch des Beschäftigten) |
Führerschein | ja |
Verlust des Führerscheins | nein |
Geburtsdatum, Geburtsort | ja (sofern zur Identifikation erforderlich) |
Gewerkschaftszugehörigkeit | nein |
Schwangerschaft/Mutterschutz | nein |
Nebentätigkeiten | nein |
Parteibindung | nein |
Prüfungen außerhalb des Arbeitsverhältnisses | nein |
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Dienststellenleitung hat Formulierungshoheit
Viele Beschäftigte würden ihr Zeugnis am liebsten selbst vorformulieren und dann der Dienststellenleitung einfach zur Unterschrift vorlegen. Fraglich ist aber, ob sich Ihre Dienststellenleitung dies gefallen lassen muss. Die klare Antwort lautet: nein. Es ist einhellige Rechtsprechung, dass es allein Sache Ihrer Dienststellenleitung ist, das Zeugnis sprachlich zu gestalten – natürlich jeweils im Rahmen der rechtlichen Vorgaben (Bundesarbeitsgericht (BAG), 16.10.2007, Az. 9 AZR 248/07).
Das bedeutet zugleich, dass ein Arbeitnehmer, der trotz Anforderung zunächst kein Zeugnis erhalten hat, den Arbeitgeber nicht gleich auf Erteilung eines Zeugnisses mit bestimmten Formulierungen verklagen kann. Vielmehr kann er seinen Klageantrag zunächst nur darauf richten, den Arbeitgeber zur Erteilung eines Arbeitszeugnisses zu verurteilen.
Formulierungshoheit wankt
Allerdings wurde zwischenzeitlich auch entschieden, dass das Recht des Arbeitgebers, das Zeugnis allein nach seinen Vorstellungen zu formulieren, unter bestimmten Umständen eingeschränkt sein kann. So ist die Verurteilung zur Abgabe eines Zeugnisses mit bestimmten Formulierungen etwa dann zulässig, wenn der Arbeitgeber von sich aus kein den gesetzlichen Anforderungen entsprechendes Zeugnis erteilt hat. Zudem: Haben sich Beschäftigte und Dienstherr in einem gerichtlichen Vergleich auf einen bestimmten Text geeinigt, muss sich der Dienstherr daran halten. Er kann dann nicht auf einmal ganz anders formulieren.
Was sich Ihr Dienstherr auch verkneifen muss, sind ironische Anmerkungen wie „Wenn es bessere Noten als ,sehr gut‘ geben würde, würden wir ihn damit beurteilen“, denn damit zeigt er das genaue Gegenteil (Landesarbeitsgericht Hamm, 14.11.2016, Az. 12 Ta 475/16).
Ebenso hat das BAG einem Mitarbeiter recht gegeben, der auf Zeugniskorrektur geklagt hat, weil sein Arbeitgeber das Zeugnis bzw. die Leistungsbewertung in Tabellenform abgefasst hatte. Das geht nicht (BAG, 27.4.2021, Az. 9 AZR 262/20).

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