Gerechte befristete Arbeitsverträge – dank Ihrer Mitbestimmung

18. Januar 2022

In „personalrat aktuell“ haben wir davon berichtet, dass das Bundesarbeitsgericht im Nachgang zum Europäischen Gerichtshof nunmehr wieder der Linie folgt, dass eine sachgrundlose Befristung in der Dienststelle nur dann möglich ist, wenn der Mitarbeiter noch nie zuvor dort beschäftigt war. So weit, so gut. Doch wie war das mit der Befristung genau? Als Personalrat bestimmen Sie bei der Einstellung neuer Mitarbeiter mit (§ 78 Abs. 1 Nr. 1 Bundespersonalvertretungsgesetz). Das bezieht sich nicht nur auf die unbefristete Einstellung neuer Beschäftigter in Vollzeit, sondern auch darauf, wenn es nur zu einer befristeten Beschäftigung kommen soll. Wo die Befristung geregelt ist und auf was Sie als Personalrat besonders achten sollten, habe ich Ihnen in diesem Beitrag zusammengefasst.

Umdenken ist nötig

Befristete Verträge sind vom Gesetzgeber an sich unerwünscht. Dennoch ist gerade der öffentliche Dienst Befristungsweltmeister. Hier muss ein Umdenken stattfinden!

Hier ist die Befristung geregelt

Geregelt ist der Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags in § 30 Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) und im Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG).

Schriftform ist Pflicht

Der Gesetzgeber schreibt für Befristungen zwingend die Schriftform vor (§ 14 Abs. 4 TzBfG). Eine rein mündliche Befristung (oder deren Verlängerung) ist demnach unwirksam und führt dazu, dass der Vertrag als unbefristet geschlossen gilt.

Das muss ja nicht schlecht für den Kollegen sein. Beharren Sie trotzdem auf der Schriftform, allein schon aus Beweisgründen und wegen des Grundsatzes der vertrauensvollen Zusammenarbeit. Die Befristung muss vor Arbeitsantritt schriftlich vereinbart werden.

Unterscheiden Sie Befristungen mit und ohne Sachgrund

Je länger ein Arbeitnehmer in einer Dienststelle tätig ist, desto mehr Schutzrechte erwirbt er. Denken Sie nur mal an den Kündigungsschutz. Deswegen möchte der Gesetzgeber nur sachgrundlos befristete Beschäftigungsverhältnisse eigentlich vermeiden und grundsätzlich nur mit Sachgrund erlauben. Die Sachgründe finden Sie in § 14 Abs. 1 TzBfG.

Diese 10 Sachgründe gibt es

1. Vorübergehender personeller Mehrbedarf

Eine Befristung ist immer dann sachlich gerechtfertigt, wenn Ihre Dienststellenleitung nur vorübergehend mehr Arbeitskräfte benötigt (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG), z. B. für ein bestimmtes Projekt. Dies ist etwa der Fall, wenn der Dienststelle eine befristete Zusatzaufgabe zugewiesen wird, z. B. die Einrichtung einer neuen Datenbank oder einer völlig neuen Software.

WICHTIG: Prüfen Sie den Arbeitskräftebedarf

Im Rahmen Ihres Mitspracherechts bei der Einstellung kommt es für Sie darauf an, dass Ihre Dienststellenleitung schon bei der befristeten Einstellung eines Mitarbeiters mit einiger Sicherheit sagen kann, dass der Arbeitskräftebedarf mit Ende der Befristung wieder entfällt. Teilt sie Ihnen dies nicht von sich aus mit, fragen Sie nach. Und kann sie es nicht mit der notwendigen Sicherheit sagen, verweigern Sie Ihre Zustimmung.

2. Befristung nach Ausbildung oder Studium

Zulässig ist es auch, einen Mitarbeiter nach Abschluss seiner Ausbildung oder seines Studiums befristet einzustellen, um ihm damit den Einstieg ins Berufsleben zu erleichtern (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TzBfG).

3. Vertretung eines anderen Arbeitnehmers

Ein weiterer Befristungsgrund ist die Vertretung eines fehlenden Mitarbeiters (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG), z. B. bei Elternzeit oder längerer Erkrankung.

WICHTIG: Keine Änderung der Arbeitszeit

Ihre Dienststellenleitung darf mit der Einstellung der befristeten Ersatzkraft nicht die Arbeitszeit anheben. Sie kann also z. B. eine Halbtagskraft nicht durch eine Vollzeitkraft ersetzen. Hat sie Bedarf für eine Vollzeitkraft, muss sie erst die schon in der Dienststelle beschäftigten Teilzeitler bevorzugt berücksichtigen. Achten Sie als Personalrat hierauf und verweigern Sie im Extremfall Ihre Zustimmung zur Einstellung der Vertretung.

Kettenbefristungen sind belastend

Befristete Arbeitsverhältnisse sind eine große psychische Belastung, da man in ständiger beruflicher Unsicherheit schwebt. Auf eine Befristung sollte daher möglichst schnell eine Festanstellung folgen. Setzen Sie sich als Personalrat dafür ein.

4. Eigenart der Arbeitsleistung

Auch die Eigenart einer Arbeitsleistung kann eine Befristung rechtfertigen (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG). Dieser Grund kommt allerdings nur in wenigen Branchen zum Tragen. So ist beispielsweise die befristete Einstellung von programmgestaltenden Mitarbeitern in Rundfunkanstalten, von Schauspielern, Solosängern, Tänzern und Kapellmeistern durch das Recht auf Rundfunkfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz (GG) und die Freiheit der Kunst (Art. 5 Abs. 3 GG) sachlich begründet.

5. Erprobung eines Mitarbeiters

Eine Befristung ist auch zulässig, um sich ein Bild von der Eignung eines neuen Mitarbeiters zu machen (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 TzBfG). Dabei muss die Dauer der Befristung aber erforderlich und angemessen sein. Im Normalfall kommt hier eine Zeitspanne von maximal 6 Monaten infrage.

6 Monate als Maximum

Möchte Ihre Dienststellenleitung einen Mitarbeiter länger als 6 Monate erproben, stimmen Sie dem nicht zu. Ihr Argument ist, dass die 6 Monate genau der normalen Probezeit entsprechen. Auch hier ist die Vereinbarung einer längeren Probezeit völlig unüblich.

6. Gründe, die in der Person des Mitarbeiters liegen

Die Befristung eines Arbeitsverhältnisses kann auch in der Person des Mitarbeiters begründet sein (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 TzBfG). So ist eine Befristung auf ausdrücklichen Wunsch Ihres Kollegen zulässig, z. B., weil dieser die Zeit bis zum feststehenden Beginn einer anderen Beschäftigung, bis zur Aufnahme eines Studiums oder bis zum Antritt des Wehr- bzw. Zivildienstes überbrücken will.

Was wäre, wenn?

Hier gibt es für Sie und den Mitarbeiter in spe eine ganz einfache Kontrollfrage: Hätte der Mitarbeiter sich auch dann für einen befristeten Vertrag entschieden, wenn ihm alternativ eine Festanstellung angeboten worden wäre? Falls nein: Verweigern Sie Ihre Zustimmung!

7. Vergütung aus Haushaltsmitteln

Im öffentlichen Dienst ist eine Befristung auch dann möglich, wenn der Mitarbeiter aus Mitteln bezahlt wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG).

WICHTIG: Geld muss da sein

Die Haushaltsmittel müssen im Haushaltsplan wirklich als Mittel zur Finanzierung der Befristung ausgewiesen sein. Es reicht nicht, wenn die Dienststelle ein bisschen Geld übrig hat und es für praktisch erachtet, davon einen befristet Beschäftigten einzustellen. Also: Ohne Ausweisung im Haushaltsplan können Sie die Zustimmung verweigern!

8. Gerichtlicher Vergleich

Sachlich gerechtfertigt ist eine Befristung auch dann, wenn sie auf einem gerichtlichen Vergleich beruht (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG).

9. Erreichen einer Altersgrenze

Um eine ausgewogene Altersstruktur und eine sachgerechte und berechenbare Personal- und Nachwuchsplanung zu sichern, darf Ihre Dienststellenleitung das Arbeitsverhältnis eines Mitarbeiters auch auf das Erreichen eines Alters befristen, in dem er durch den Bezug eines Altersruhegelds wirtschaftlich abgesichert ist.

10. Geplante Übernahme eines Auszubildenden

Eine Befristung ist auch dann zulässig, wenn Ihre Dienststellenleitung einen Auszubildenden nach Abschluss seiner Ausbildung übernehmen will und eine Arbeitsstelle deshalb nur vorübergehend mit einem anderen Mitarbeiter besetzt. Die Stelle muss aber wirklich für den Azubi und nicht für jemand anderen freigehalten werden. Sonst ist der Sachgrund nicht erfüllt und Sie können die Zustimmung zur befristeten Einstellung verweigern.

WICHTIG: 5 Jahre und kein bisschen mehr

§ 30 Abs. 2 TVöD setzt der Befristung mit Sachgrund eine zeitliche Grenze. Länger als 5 Jahre darf sie nicht sein. Achten Sie im Anhörungsverfahren also auch hierauf !

Sie müssen angehört werden

Auch bei der Kündigung befristet Beschäftigter sind Sie anzuhören. Nutzen Sie auch hier Ihre Personalratsrechte zum Wohle Ihrer Kolleginnen und Kollegen!

Das ohne Sachgrund befristete Arbeitsverhältnis

Wenn Ihr Dienstherr jemanden ohne Sachgrund befristet einstellen möchte, sollten Sie Folgendes berücksichtigen: Die befristete Einstellung ist nur zulässig, wenn der Mitarbeiter noch nie in der Dienststelle tätig war. Und dann auch nur bis zu einer Höchstdauer von 2 Jahren. Grundsätzlich muss ein befristeter Arbeitsvertrag ohne Sachgrund für mindestens 6 Monate geschlossen werden (§ 30 TVöD). Gewünscht ist eigentlich eine Dauer von 12 Monaten. Die 12 Monate sind aber nur eine Sollvorschrift – die 6 Monate dagegen ein Muss. Auf die 6 Monate können Sie also pochen, die sind schließlich verpflichtend vorgesehen.

So kann das befristete Arbeitsverhältnis enden

Ein befristetes Arbeitsverhältnis endet automatisch, wenn das Datum des Befristungsendes erreicht wird; einer Kündigung bedarf es nicht. Das Erreichen des Befristungsendes ist der Normalfall.

Beachten Sie: Das Arbeitsverhältnis endet auch, wenn der Mitarbeiter Sonderkündigungsschutz hat. So verlängert eine Schwangerschaft oder eine Schwerbehinderung das befristete Arbeitsverhältnis nicht und wandelt es auch nicht in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis um.

Bei einer Kündigung ist das Personalratsgremium anzuhören Möchte Ihre Dienststellenleitung kündigen, sind Sie als Personalrat zur Kündigung zu hören. Das gilt bei der Kündigung eines befristeten Vertrags wie bei jeder anderen Kündigung auch. Um Ihre Beteiligung kommt Ihr Dienstherr nicht herum.

Läuft der Vertrag einfach wie geplant aus, sind Sie bzw. das Personalratsgremium aber nicht mehr zu beteiligen.

Unterscheiden Sie die ordentliche und die außerordentliche Kündigung

Da Ihre Dienststellenleitung bei einer Befristung weiß, wie lange sie sich an den Beschäftigten bindet, ist die ordentliche Kündigung grundsätzlich ausgeschlossen. Dieser Grundsatz findet sich im TzBfG wieder und auch in § 30 TVöD.

Dort ist für die Befristung mit und ohne Sachgrund eine Probezeit geregelt. Während der Probezeit ist für beide Seiten, also Dienstherr und Beschäftigten, eine Kündigung mit einer Frist von 2 Wochen möglich.

Nach der Probezeit ist eine ordentliche Kündigung nur noch möglich, wenn die Befristung für mindestens 12 Monate eingegangen wurde (§ 30 TVöD). Falls nicht, kann Ihre Dienststellenleitung nur außerordentlich aus wichtigem Grund kündigen. Geben Sie dies an Ihre befristet beschäftigten Kollegen weiter.

Ist die ordentliche Kündigung zulässig und spricht Ihre Dienststellenleitung sie aus, ist § 30 Abs. 5 TVöD zu beachten. Hier sind Kündigungsfristen für die ordentliche Kündigung eines befristeten Arbeitsverhältnisses niedergelegt.

Eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund ist natürlich unabhängig von der Befristung möglich. Jedes Vertragsverhältnis kann aus wichtigem Grund beendet werden.

Wagen wir zusammen einen Blick in die Glaskugel

Die Befristung ohne Sachgrund ist in der Politik nicht gerne gesehen. Deswegen will die Ampelkoalition diese auch Schritt für Schritt eindämmen. Auch die Haushaltsbefristung soll abgeschafft werden. Wann dies aber so weit ist und die sachgrundlose Befristung eingedämmt wird, das steht in den Sternen. Es kann sein, dass dieses Thema im Hinblick auf den Krieg und den Fachkräftemangel wieder in den Hintergrund gerückt ist.

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