Die Beamtinnen und Beamten Ihrer Behörde sind nach der Pensionierung relativ gut abgesichert. Angeblich soll das ja auch für die nicht verbeamteten Kolleginnen und Kollegen gelten. Doch funktioniert die betriebliche Altersversorgung im öffentlichen Dienst überhaupt?
§ 1 BetrAVG: Zusage des Arbeitgebers auf betriebliche Altersversorgung
(1) […]. Die Durchführung der betrieblichen Altersversorgung kann unmittelbar über den Arbeitgeber oder über einen der in § 1b Abs. 2 bis 4 genannten Versorgungsträger erfolgen […].
Auch im öffentlichen Dienst gibt es die betriebliche Altersvorsorge (bAV), die allerdings etwas anders funktioniert als in der freien Wirtschaft. Dort gibt es 5 Durchführungswege:
Im öffentlichen Dienst gibt es statt dieser 5 Alternativen ein separates Versorgungssystem. Allerdings können je nach Tarifvertrag für eine zusätzliche Absicherung der Kolleginnen und Kollegen auch die üblichen oben genannten Durchführungswege der bAV genutzt werden. Und auch eine Entgeltumwandlung ist dann möglich.
So läuft die bAV im öffentlichen Dienst
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst sind in der gesetzlichen Sozialversicherung versichert. Dadurch unterscheiden sie sich von Beamtinnen und Beamten. Sie haben nicht den gleichen Status, sondern werden in der Renten-, Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherung wie alle anderen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer behandelt. Dies betrifft z. B. nicht verbeamtete Lehrer, angestellte Mitarbeiter des Bundes, Verwaltungspersonal der Bundespolizei oder Beschäftigte in der Krankenpflege.
Normale Rente im Alter
Damit erhalten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst die ganz normale gesetzliche Altersrente. Das benachteiligt sie gegenüber den Beamtinnen und Beamten.
Gleichstellung mit Beamten
Beamtinnen und Beamte machen häufig genau das Gleiche wie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Im Bereich Rente sind Letztere aber benachteiligt. Diese Benachteiligung will der Gesetzgeber mit der zusätzlichen Vorsorge ausgleichen.
ÜBERSICHT: DIE ÜBLICHEN ARTEN DER BAV | |
Art | Beschreibung |
Direktzusage/ Pensionszusage | Ihr Dienstherr verpflichtet sich, Ihren Kolleginnen und Kollegen oder deren Hinterbliebenen eine jeweils vereinbarte Leistung zu zahlen. Das kann eine Betriebsrente sein. |
Unterstützungskasse | Die Unterstützungskasse ist eine selbstständige Versorgungseinrichtung eines oder mehrerer Unternehmen. Der Dienstherr zahlt an sie. Später gibt es von der Unterstützungskasse eine Rente. |
Direktversicherung | Ihr Dienstherr schließt eine Lebensversicherung für Ihre Kolleginnen und Kollegen ab. Versicherungsnehmer ist der er, Begünstigter der Arbeitnehmer. |
Pensionskasse | Pensionskassen sind rechtlich selbstständige Unternehmen, die von einem oder mehreren Unternehmen getragen werden. Leistungen gibt es im Versicherungsfall direkt von den Pensionskassen. |
Pensionsfonds | Auch ein Pensionsfonds ist ein rechtlich selbstständiger Versorgungsträger. Ihre Kolleginnen und Kollegen haben einen Rechtsanspruch auf zugesagte Leistungen. |
BEISPIEL
Individueller Werdegang
Nicole L. hat beim Landkreis eine Ausbildung gemacht, wurde dann verbeamtet und im Straßenverkehrsamt eingesetzt. Nach einigen Jahren möchte sie den Job wechseln und bewirbt sich intern auf die Stelle einer Berufsschulsekretärin. Da die Stelle vakant ist, versetzt der Landkreis sie an die Schule. Damit sitzt eine Beamtin im Schulsekretariat. Die Kollegen von Nicole L. empfinden die gute Altersversorgung, die sie als Beamtin später erhalten wird, als ungerecht.
Damit sie gegenüber den Beamten nicht zu sehr benachteiligt sind, gibt es ein Versorgungssystem, in dem alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes versichert sein müssen. So erhalten sie Anspruch auf eine sogenannte Zusatzrente, die ähnlich wie die bAV funktioniert. Sie wird nur über andere Träger abgewickelt. Wie auch bei der bAV in der Privatwirtschaft haben Ihre Kolleginnen und Kollegen und auch Sie als Personalrat kein Mitspracherecht. Denn die Versorgungseinrichtung wird stets von Ihrem Dienstherrn bzw. vom Tarifvertrag vorgegeben.
Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL)
Die VBL ist eine vom Bund und den meisten Bundesländern – außer Hamburg und Saarland – getragene Zusatzversorgungskasse für Beschäftigte im öffentlichen Dienst. Sie hat ihren Sitz in Karlsruhe.
Ausnahmen von der Versicherungspflicht
Obwohl Ihr Dienstherr als Arbeitgeber im öffentlichen Dienst verpflichtet ist, seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei einer Zusatzversorgungskasse anzumelden, gibt es auch Ausnahmen. Diese betreffen vor allem Menschen, die nur kurze Zeit im öffentlichen Dienst arbeiten.
Diese Kolleginnen und Kollegen erhalten keine Zusatzversorgung:
● kurzfristig Beschäftigte
● studentische und wissenschaftliche Hilfskräfte und Lehrbeauftragte
● Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die noch keine 17 Jahre alt sind
● Kolleginnen und Kollegen, die eine 60-monatige Wartezeit bis zum Renteneintrittsalter nicht mehr erfüllen können
Der Träger der Versicherung
Der größte Träger der Zusatzversorgung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes ist die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL). Daneben gibt es aber noch zahlreiche kleinere Einrichtungen, die für bestimmte Kommunen oder Angestellte der Kirchen zuständig sind. Gelegentlich nutzen Städte und Gemeinden auch Angebote der örtlichen Sparkassen für die Organisation der Zusatzrente.
Die Höhe der Umlagen
Die Zusatzrente im öffentlichen Dienst wird in der Regel durch eine Umlage von Arbeitgeber und Arbeitnehmer finanziert. Ein bestimmter Prozentsatz des Einkommens wird dafür eingezahlt. Bei der VBL beträgt diese Umlage beispielsweise für Arbeitgeber 6,45 % und für Arbeitnehmer 1,81 % vom Bruttoeinkommen. Übersteigt der Arbeitgeberbeitrag einen bestimmten Wert, muss der über der Grenze liegende Betrag versteuert werden.
Die Entgeltumwandlung im öffentlichen Dienst
In der Pflichtversicherung des öffentlichen Dienstes ist keine Entgeltumwandlung möglich. Trotzdem kann es zusätzliche Angebote geben, nur eben nicht in der Pflichtversicherung.
Freiwillige Zusatzversicherung möglich
Arbeitnehmer haben aber die Möglichkeit, eine freiwillige Zusatzversicherung bei ihrem zuständigen Träger abzuschließen. Hier können sie dann per Entgeltumwandlung einen Teil ihres Bruttogehalts in die Altersvorsorge investieren. So leisten sie selbst einen zusätzlichen Beitrag für ihre Absicherung im Alter. Auch eine Riester-Förderung ist hierbei möglich. Außerdem können Arbeitgeber auch weitere Durchführungswege ermöglichen, je nachdem, was der entsprechende Tarifvertrag vorsieht.
Die Anpassung der bAV
Dieser Fall vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) ist für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von Interesse, die eine bAV erhalten, die weder aus dem Tarifvertrag über die zusätzliche Altersvorsorge der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes (Altersvorsorge-TV-Kommunal, ATV-K) noch aus dem Tarifvertrag über die betriebliche Altersversorgung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes (Tarifvertrag Altersversorgung, ATV) gewährt wird und die von der Unternehmensleistung abhängig ist (15.11.2022, Az. 3 AZR 505/21). Denn mit diesem Trick werden vermutlich künftig häufiger Arbeitgeber versuchen, Anpassungen der bAV nach oben zu verhindern.
Der Gewinnabführungsvertrag
Der Fall: In einem Konzern schloss ein Unternehmen mit dem herrschenden Unternehmen einen Gewinnabführungsvertrag ab. Danach wurden die erwirtschafteten Jahresüberschuss- und Jahresfehlbeträge von dem herrschenden Unternehmen übernommen.
Die Klage des Arbeitnehmers
Nun verlangte ein Arbeitnehmer die Anpassung seiner Betriebsrente. Er war der Auffassung, dass die Rente entsprechend der Entwicklung des Verbraucherpreisindex anzupassen sei. Insbesondere gebe es keine wirtschaftlichen Gründe gegen eine Anpassung seiner Betriebsrente. Aus den Bilanzen der letzten Jahre ergäben sich ausreichende Eigenkapitalverzinsungen und insgesamt eine positive Tendenz. Erst nach dem Abschluss des Gewinnabführungsvertrags sei diese negative Tendenz ersichtlich. Diese habe letztendlich ihre Ursache in dem Gewinnabführungsvertrag. Deshalb müsse nun ein sogenannter Berechnungsdurchgriff auf die wirtschaftliche Lage der herrschenden Gesellschaft erfolgen.
§ 16 BetrAVG: Anpassungsprüfungspflicht
(1) Der Arbeitgeber hat alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen und hierüber nach billigem Ermessen zu entscheiden; dabei sind insbesondere die Belange des Versorgungsempfängers und die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers zu berücksichtigen.
Gericht war anderer Auffassung
Die Entscheidung: Der Arbeitnehmer hatte keinen Anspruch auf Anpassung seiner laufenden Leistungen der bAV nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (Betriebsrentengesetz, BetrAVG). Die wirtschaftliche Lage der Arbeitgeberin stand der Anpassung der Betriebsrente entgegen. Die Voraussetzungen für einen Berechnungsdurchgriff auf die wirtschaftliche Lage der beherrschenden Gesellschaft lag nicht vor. Das Bestehen eines isolierten Gewinnabführungsvertrags rechtfertigt im Rahmen der Anpassungsprüfung und -entscheidung nach § 16 Abs. 1 BetrAVG keinen Berechnungsdurchgriff auf die wirtschaftliche Lage der herrschenden Gesellschaft.
FAZIT
Ablehnungsgründe
Passen Sie als Personalrat auf, dass es bei Gewinnabführungsverträgen trotzdem zu einer Anpassung der bAV der Kolleginnen und Kollegen kommt. Solche Gewinnabführungsverträge kommen regelmäßig in Unternehmen vor, an denen die öffentliche Hand beteiligt ist. Das können beispielsweise die Stadtwerke sein. Erwirtschaften die Stadtwerke Gewinn, ist dieser an die Stadt abzuführen. Unterliegen nun die Stadtwerke nicht dem ATV-K, sollten Sie dafür sorgen, dass die bAV angepasst wird.
Nutzen Sie das folgende Muster und übermitteln Sie es an Betriebsrentner, die eine „normale Altersversorgung“ erhalten:

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