Psychische Belastungen am Arbeitsplatz sind ein großes Thema. Gerade in der letzten Zeit war immer wieder zu lesen, dass ein Großteil der Arbeitnehmer in Deutschland hierunter leidet. Pandemie und Krieg haben das noch verstärkt. Physische und psychische Erkrankungen sind die Folge. Darunter leiden nicht nur die Beschäftigten selbst, sondern auch ihre Kollegen und auch ihre Familien und Freunde. Es besteht also großer Handlungsbedarf. Was Sie tun können, lesen Sie hier.
Diese Erkrankungen sind führend
Psychische Leiden und Rückenerkrankungen führen die Arbeitsunfähigkeitshitliste an.
Handlungsbedarf in 5 Schritten erkennen
Keiner gibt gern zu, dass er überlastet ist oder einfach nicht mehr kann. Und so hält man den Schein aufrecht, bis man zusammenbricht. So weit darf es nicht kommen, deswegen habe ich Ihnen hier dargelegt, wie Sie in 5 Schritten Handlungsbedarf erkennen und realisieren können.
Schritt 1
Filtern Sie zunächst die Bereiche oder Mitarbeitergruppen heraus, bei denen Probleme wahrscheinlich sind. Das erkennen Sie etwa an vermehrten Fehlzeiten, Arbeitsunfällen und/oder einer erhöhten Fluktuation in einzelnen Abteilungen.
Schritt 2
Setzen Sie sich mit dem jeweiligen Verantwortlichen (z. B. Abteilungsleiter) zusammen und prüfen Sie gemeinsam, ob Ihre Vermutungen zutreffen. Sprechen Sie in Zweifelsfällen „auffällige“ Kolleginnen und Kollegen gemeinsam an.
Schritt 3
Versammeln Sie die Mitarbeiter des betroffenen Bereichs. Schildern Sie Ihre Vermutungen bzw. Feststellungen, aber natürlich ohne Namen zu nennen. Machen Sie deutlich, dass Sie gemeinsam nach dienstlichen Ursachen für die Probleme suchen wollen, um diese abzustellen.
Schritt 4
Verteilen Sie dann einen Fragebogen, in dem Ihre Kolleginnen und Kollegen die sie belastenden Momente der Arbeit (anonym) benennen können.
Einen ausführlichen „Fragebogen zur psychischen Belastung am Arbeitsplatz“ finden Sie unter der Rubrik „Personalmanagement“ unter www.premium.vnr.de im Premiumbereich zum Download.
Schritt 5
Prüfen Sie anhand der ausgefüllten Fragebogen, welche Bereiche besonders oft negativ bewertet wurden. Versuchen Sie dann, in Gesprächen mit den Kolleginnen und Kollegen und dem Vorgesetzten noch mehr Informationen zu gewinnen. Auf dieser Grundlage kann Ihre Dienststellenleitung dann die richtigen technischen, organisatorischen und personenbezogenen Maßnahmen ergreifen, beispielsweise Überstundenabbau durch Neueinstellungen.
Arbeitsbedingungen mit Rücksicht auf Mitarbeiter gestalten
Neben der menschlichen Komponente spielen auch die praktischen Arbeitsbedingungen eine große Rolle, wenn es um die psychische Gesundheit der Mitarbeiter geht. Ein wichtiger Faktor ist hierbei die Arbeitsbelastung, die in den letzten Jahren vielfach drastisch zugenommen hat. Häufig wurde auf Neueinstellungen verzichtet, obwohl neue Aufgaben hinzugekommen oder Mitarbeiter aus dem Unternehmen ausgeschieden sind.
Regen Sie an, eine Evaluierung zu machen: In welchen Abteilungen ist der Krankenstand sehr hoch? Hat dies z. B. nach einem Personalabbau angefangen? Welche anderen Gründe können vorliegen? Was kann getan werden, um den Krankenstand zu senken?
Auch bei der Gestaltung der einzelnen Arbeitsplätze können Sie einiges für die physische und psychische Gesundheit Ihrer Kolleginnen und Kollegen tun. Licht, Lärm, Schmutz, Raumtemperatur und -lüftung sind hierzu nur einige Stichwörter. Bei ergonomisch gestalteten, ausreichend ausgestatten Arbeitsplätzen geht es weiter. Die Berufsgenossenschaften bzw. Unfallkassen können Sie hierbei beraten. Als Personalrat sollten Sie hier alle Informationen nutzen, die Sie bekommen können.
Wie psychische Belastungen vermieden werden können
Psychische Belastungen lassen sich vor allen Dingen durch einen verantwortungsvollen und respektvollen Umgang mit- und untereinander vermeiden. Im Folgenden gebe ich Ihnen einige Anregungen, was das konkret beispielhaft bezogen auf das Führungsverhalten in Ihrer Dienststelle bedeuten kann – gehen Sie die Punkte einfach mal durch:
Ziehen Sie auch Ihren Amtsarzt zurate. Vielleicht kann er in der Dienststelle ein Seminar „Psychische Belastung am Arbeitsplatz und Prävention von psychischer Belastung am Arbeitsplatz“ halten. Dies überzeugt sicher auch Ihre Dienststellenleitung. Je mehr Kompetenz Sie bieten können, desto besser.
Nicht zu vernachlässigen
Gute Führung steuert psychischen Belastungen entgegen.
ÜBERSICHT: FÜHRUNGSVERHALTEN OPTIMIEREN | |
Fehlerhaftes Führungsverhalten | Lösungsvorschlag |
1. Der Vorgesetzte steuert überwiegend durch Anordnungen, ohne Erklärung der Hintergründe. | Besser sind eine kooperative Zielerarbeitung und ein ständiger Informationsaustausch. Auch wichtig: Die Hintergründe unternehmerischer Entscheidungen sollten erklärt werden. Wenn Mitarbeiter wissen, was warum getan werden muss, fühlen sie sich mehr respektiert und werden ihre Aufgaben vermutlich besser erfüllen. Erklärungen mindern die Angst vor Veränderungen. |
2. Den Mitarbeitern ist nicht bewusst, an welchen Anforderungen sie gemessen werden. | Die Anforderungen an die Mitarbeiter müssen jederzeit offengelegt werden. Unklarheit bedeutet keine Schonung für Ihre Kolleginnen und Kollegen, sondern vielmehr eine Belastung. |
3. Ziele werden nur allgemein und schwammig formuliert. | Formulieren Sie immer klare und konkrete Ziele. Das sollten auch Ihre Vorgesetzten beherzigen. Nur so ist ein zielgerichtetes Arbeiten möglich. |
4. Der Vorgesetzte trifft keine klaren Entscheidungen, schiebt Entscheidungen vor sich her oder gibt keine Begründung für seine Entscheidungen. | Klare und zeitlich passende Entscheidungen sind wichtig. Und wenn sie anstehen, sollten sie auch nachvollziehbar und verständlich begründet werden. Entscheidungsschwäche belastet nicht nur die davon betroffenen Mitarbeiter, sondern beschädigt auch das Ansehen des Vorgesetzten – meist mehr als durch eine Fehlentscheidung. Eine gut begründete Entscheidung wird eher akzeptiert, auch wenn sie sich nachträglich als Fehler erweist. |
5. Leistungsstarke Mitarbeiter werden durch Zusatzarbeiten, die eigentlich andere erbringen sollten, überlastet. | Schwache Mitarbeiter sind zu fordern und zu schulen. Fehler sind in Grenzen zuzulassen – wo gehobelt wird, da fallen Späne. Denn schwache Mitarbeiter, die nicht gefordert werden, lassen immer weiter nach (Risiko: Boreout); leistungsstarke Mitarbeiter hingegen werden oft überfordert (Risiko: Burnout). |
6. Der Vorgesetzte überbetont Fehler und Schwächen der Mitarbeiter. | Es sollte nicht jede Kleinigkeit kritisiert werden. Und Lob sollte immer auch Teil des notwendigen Feedbacks sein. Wer sich in seiner Arbeit nicht geschätzt und anerkannt fühlt, verliert die Freude daran. |
7. Im Beisein von Mitarbeitern werden abwesende Kollegen und Vorgesetzte anderer Abteilungen kritisiert. | Kritik wird mit demjenigen besprochen, den sie angeht. Öffentliches Kritisieren – schon gar in Abwesenheit – ist absolut tabu. Das ist schlechter Stil. Wer über andere herzieht, wirkt selbst nicht vertrauenswürdig und zerstört das Vertrauen in die Dienststelle. |
8. Eine Voreingenommenheit gegenüber einzelnen Mitarbeitern führt zu Ungerechtigkeiten. | Jeder sollte sich ganz bewusst um Fairness gegenüber jedem Mitarbeiter bemühen. Denn Mitarbeiter, die sich unfair behandelt fühlen, können mittelfristig zur Keimzelle von Unzufriedenheit, Intrigen und Mobbing in der Dienststelle werden. |
9. Von Mitarbeitern übernommene Ideen gibt der Vorgesetzte als seine eigenen aus. | Lob soll dem gebühren, der es verdient. Das sollten Sie ganz klar in Ihrer Mitarbeiterkultur verankern. Die Anerkennung gibt dem Mitarbeiter zusätzlichen Ansporn; andernfalls fühlt er sich hintergangen. |
10. Aufgaben und Kompetenzen der Mitarbeiter werden eng begrenzt. | Raten Sie Ihrem Dienstherrn, die Mitverantwortung und das Denkpotenzial Ihrer Kolleginnen und Kollegen zu nutzen. Bei Entscheidungen im Bereich des Mitarbeiters sollte er unbedingt auch dessen Rat einholen. Zunächst kostet die Kommunikation mit den Mitarbeitern viel Zeit. Der Einsatz wird aber häufig durch bessere Ergebnisse belohnt. |
Nicht zu verharmlosen
Nehmen Sie Kolleginnen und Kollegen, die sich überlastet fühlen, auf jeden Fall ernst. Nur so können Sie noch rechtzeitig gegensteuern.
Dies kann zum einen über Führungskräfteschulungen und Coachings geschehen, aber auch einfach durch mehr Achtsamkeit in Gesprächen mit Kollegen im Arbeitsalltag. Denn der ein oder andere gibt in Gesprächen schon mal einen Hinweis auf psychische Belastungen. So werden Probleme frühzeitig erkannt und gebannt.
Die Schulungen und Seminare müssen sich übrigens nicht nur auf das Thema psychischer Stress konzentrieren, auch Resilienz- und Achtsamkeitstrainings können helfen. Das gewonnene Wissen können die Führungskräfte später „inhouse“ weitergeben. Damit profitieren alle Mitarbeiter in der Dienststelle davon.

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