Frage: Unser Dienstherr hat einen erst kürzlich geschlossenen Arbeitsvertrag angefochten. Er hat also keine Kündigung ausgesprochen. Wegen falscher Angaben des Bewerbers fühlte er sich getäuscht und hat dann zum Mittel der Anfechtung gegriffen. Wir als Personalrat haben davon eher durch Zufall erfahren, weil der Kollege plötzlich nicht mehr am Arbeitsplatz erschienen ist. Sind wir bei der Anfechtung nicht vorher zu beteiligen, genauso wie bei einer Kündigung?
§ 86 BPersVG: Außerordentliche Kündigung und fristlose Entlassung
Vor fristlosen Entlassungen und außerordentlichen Kündigungen ist der Personalrat anzuhören. Die Leiterin oder der Leiter der Dienststelle hat die beabsichtigte Maßnahme zu begründen. Hat der Personalrat Bedenken, hat er sie unter Angabe der Gründe der Dienststellenleitung unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Arbeitstagen schriftlich oder elektronisch mitzuteilen. § 85 Abs. 3 gilt entsprechend.
Maria Markatou: Nach den §§ 85 und 86 Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG) sowie den entsprechenden Landespersonalvertretungsgesetzen (LPVG) sind Sie als Personalrat vor ordentlichen Kündigungen sowie fristlosen Entlassungen und außerordentlichen Kündigungen anzuhören. Doch dazu gehört schon dem Wortlaut nach nicht die Anfechtung des Arbeitsvertrags durch den Dienstherrn.
Die Anfechtung in der Praxis
Aber welche Fälle gibt es eigentlich, in denen es um eine Anfechtung geht? Hier ein Beispiel des Landesarbeitsgerichts (LAG) Schleswig-Holstein, das einen interessanten Fall zu entscheiden hatte (19.11.2013, Az. 1 Sa 50/13):
Ein Ehepaar hatte einen großen Lottogewinn gemacht. Die Ehefrau schrieb seitdem erfolgreich Kinderbücher. Ein „Vertriebsmanager“ nahm Kontakt zu dem Ehepaar auf und bot an, für sie tätig zu werden. Daraufhin kam es zum Abschluss eines Arbeitsvertrags.
Anfechtung wegen Täuschung
Später fochten die Eheleute den Arbeitsvertrag an. Die Angelegenheit landete vor dem LAG Schleswig-Holstein. Dieses stellte sich auf die Seite der Eheleute und urteilte, dass sie durch den Vertriebsmanager arglistig getäuscht worden waren. Er hatte vorgetäuscht, den Chefeinkäufer von MediaMarkt und Saturn persönlich zu kennen und beste Beziehungen zum Ravensburger Kinderbuchverlag zu haben. Das war allerdings gelogen und das Arbeitsverhältnis konnte deshalb angefochten werden.
Keine Anhörung des Personalrats
Bei einer Anfechtung des Arbeitsvertrags sind Sie als Personalrat nicht zu beteiligen. Zwar ist eine Beteiligung nach § 86 BPersVG bei Entlassungen und außerordentlichen Kündigungen erforderlich. Das wird jedoch anders definiert. Der Begriff fristlose Entlassung betrifft lediglich Beamte, die außerordentliche Kündigung nur Arbeitnehmer. Bei einer Anfechtung des Arbeitsvertrags durch den Dienstherrn besteht demnach kein gesetzliches Anhörungsrecht des Personalrats.
Anfechtung und hilfsweise Kündigung
Viele Dienstherren fechten in entsprechenden Fällen den Arbeitsvertrag an, sprechen jedoch vorsichtshalber auch noch eine fristlose Kündigung aus. Dann sind Sie als Personalrat natürlich wieder mit im Boot und sind zumindest zu der hilfsweisen fristlosen Kündigung anzuhören wie bei jeder anderen Kündigung auch.
Und was ist bei einem Aufhebungsvertrag?
Nach dem BPersVG hat der Personalrat kein Mitbestimmungsrecht bei einem Aufhebungsvertrag. Das sieht allerdings in den Bundesländern teilweise anders aus. Hier ein Beispiel aus Nordrhein-Westfalen (NRW): Nach § 74 Abs. 3 LPVG NRW ist ein ohne Beteiligung des Personalrats geschlossener Aufhebungsvertrag unwirksam. Darüber hinausgehend besteht Einigkeit, dass nicht hier nur ein ohne Beteiligung, sondern auch ein ohne ordnungsgemäße Beteiligung geschlossener Aufhebungsvertrag unwirksam ist.
Gleichberechtigung Fehlanzeige
Frauen beantragten im Jahr 2022 durchschnittlich 14,6 Monate Elternzeit, Männer dagegen nur 3,6 Monate (Quelle: www.statista.de). Ein Kind zu bekommen ist für Frauen nach wie vor eine Karrierebremse. Es wird wohl noch lange dauern, bis hier Gendergerechtigkeit herrschen wird.
Beim Elterngeld liegen die männlichen Bezieher bei 21,6 %. Auch hier sind die Frauen also noch klar im „Vorteil“. Ist ja auch logisch: Wenn diese länger in Elternzeit gehen, beziehen sie auch das Elterngeld länger als die Männer, die sich nur die Partnermonate abholen. Bleibt zu hoffen, dass in Zukunft mehr Männer die Elternzeit wagen werden.
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