Gut für Sie und Ihre Behörde: keine Einsichtsrechte in Twitter-Direktnachrichten

03. Februar 2022

Für Behörden gibt es extrem viele Informationspflichten. In nahezu jedem Bundesland und auch beim Bund gibt es ein Informationsfreiheitsgesetz (IFG), das insbesondere Pressevertretern umfangreiche Einsichtsrechte gewähren. Doch direkte Nachrichten in Chats gehören nicht dazu, wie nun das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) geurteilt hat (28.10.2021, Az. 10 C 3.20).

Laut BVerwG ergibt sich aus dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) kein Anspruch auf Einsicht in Twitter-Direktnachrichten, die das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) in den Jahren 2016 bis 2018 erhalten und versandt hat.

Einige Hintergrundinformationen

Das IFG schafft einen voraussetzungslosen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen bei Behörden des Bundes. Der Anspruch auf Informationszugang richtet sich auf Auskunft oder Akteneinsicht in der Behörde. Jeder ist anspruchsberechtigt, also nicht nur Journalistinnen und Journalisten. Selbst eine eigene Betroffenheit wird nicht verlangt.

Ähnliche Regelungen in Bundesländern

In bislang 13 Bundesländern existiert ein IFG. Die Rechte greifen auf allen Ebenen, also von Landesministerien bis hinunter zu einzelnen Kommunen. Bisher fehlen Landesgesetze nur noch in Bayern, Niedersachsen und Sachsen.

Wann kein Anspruch besteht

Beim Bund kann der Informationsanspruch allerdings beschränkt sein, insbesondere durch öffentliche und private Belange der §§ 3 bis 6 IFG (Ausnahmegründe). Ausnahmegründe muss die Behörde darlegen.

Übersicht: Ausnahmegründe für den Informationsanspruch

IFGDem Informationszugang können entgegenstehen
§ 3öffentliche Belange: Keinen Informationszugang müssen die Nachrichtendienste eröffnen; dies gilt auch für sonstige öffentliche sicherheitsrelevante Stellen. Für alle anderen Bereiche findet eine Einzelfallprüfung statt.
§ 4der behördliche Entscheidungsprozess, insbesondere ein laufendes Verwaltungsverfahren, soweit sonst eine Maßnahme vereitelt würde
§ 5der Schutz personenbezogener Daten Dritter
§ 6Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sowie geistiges Eigentum
Besondere Regelungen zum Informationszugang in Spezialgesetzen gehen dem IFG vor und sperren einen Anspruch nach dem IFG. Dies gilt unabhängig davon, ob die Spezialregelung enger oder weiter als das IFG ist.

Zurück zum aktuellen Fall des BVerwG

Ein Mann, der die Website FragDenStaat betreibt, verlangte Einsicht in Twitter-Direktnachrichten des BMI. Twitter-Direktnachrichten ermöglichen es zu kommunizieren, ohne dass andere Nutzer die Nachrichten lesen können.

In dem fraglichen Zeitraum hatte das BMI die Direktnachrichten für informelle Kommunikation genutzt. Diese umfasste beispielsweise Terminabsprachen, Danknachrichten für Bürgeranfragen etwa betreffend Tipp- und Verlinkungsfehler oder Fragen von Journalisten nach zuständigen Personen. Die Direktnachrichten wurden beim BMI selbst nicht gespeichert, waren jedoch für das BMI bei der Twitter Inc. abrufbar.

BMI lehnte Anspruch ab

Das BMI meinte, keine Auskunft erteilen zu müssen. Den Direktnachrichten komme keine Aktenrelevanz zu.

Betreiber der Website klagte

Gegen diese Auffassung reichte der Betreiber der Website FragDenStaat eine Klage ein.

Klage abgewiesen: Daten hatten keinen amtlichen Zweck

Das BVerwG wies die Klage ab. Amtliche Informationen setzen voraus, dass ihre Aufzeichnung amtlichen Zwecken dient. Der Gesetzgeber verlangt mit dieser Definition eine bestimmte Finalität der Aufzeichnung. Bei Nachrichten, die wie hier aufgrund ihrer geringfügigen inhaltlichen Relevanz keinen Anlass geben, einen Verwaltungsvorgang anzulegen, ist dies jedoch nicht der Fall.

Die Speicherung erfolgt bei der Twitter Inc. nach deren Geschäftsmodell. Für das BMI hat die Speicherung durch die Twitter Inc. keinen amtlichen Zweck. Ein solcher ist auch vor dem Hintergrund der Registraturrichtlinie der Bundesministerien und der Grundsätze einer ordnungsgemäßen Aktenführung nicht ersichtlich.

Das Urteil ist übertragbar

Gab es in Ihrer Dienststelle persönliche Chatnachrichten mit dienstlichem Inhalt, müssen diese nicht offengelegt werden. Reichen Sie die Entscheidung an Ihren Dienstherrn weiter.

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