So setzen Sie als Personalrat Ihre Rechte bei Versetzungen & Co. durch

03. Januar 2022

Welche Handlungsmöglichkeiten haben Sie als Personalrat gegen eine unrechtmäßige Versetzung, Umsetzung oder eine Abordnung durch Ihren Dienstherrn? Und wann ziehen Sie vor das Verwaltungsgericht und wann vor die Einigungsstelle? Fragen, die ich Ihnen auf dieser und der nächsten Seite gern beantworte.

Die Regelungen zu Ihren Beteiligungsrechten im Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG) und in den Landesvertretungsgesetzen der Bundesländer sind unterschiedlich. Jedoch sind die Grundsätze in fast allen Vertretungsgesetzen gleich. Schauen wir uns zunächst ganz kurz einmal einen aktuellen Fall aus der freien Wirtschaft an.

Die rechtswidrigen Versetzungen und deren Folgen

Diese Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Nürnberg zeigt, was passieren kann, wenn Arbeitgeber ihren Betriebsrat übergehen (10.5.2021, Az. 1 TaBV 3/21). Es ging um 2 Arbeitgeber, die einen gemeinsamen Betrieb hatten. Dieser kümmerte sich um den Service für 2 Kliniken, nämlich die Klinik Nord und die Klinik Süd. Für den Servicebetrieb wurden Rahmendienstpläne für 3 Monate aufgestellt.

3 Beschäftigte waren im Bereich des Kranken- und Warentransports beschäftigt. Ein Abteilungsleiter teilte dann 2 Arbeitnehmer, die bisher in der Klinik Süd tätig waren, in der Klinik Nord ein, und einen Beschäftigten, der bisher in der Klinik Nord tätig war, in der Klinik Süd. Die Betriebsstandorte lagen ca. 12 km voneinander entfernt.

Betriebsrat zog vor Gericht

Der Betriebsrat war damit nicht einverstanden. Er meinte, dass es sich um eine mitbestimmungspflichtige Versetzung handle. Das folge schon daraus, dass sich der räumliche Einsatzort ändere. Außerdem seien die Standorte unterschiedlich aufgebaut. Die Arbeitgeber meinten dagegen, es liege keine Versetzung im Sinne des § 99 Betriebsverfassungsgesetz vor, sodass eine Beteiligung des Betriebsrats nicht erforderlich gewesen sei.

Die Entscheidung des LAG: Betriebsrat bekam recht

Das LAG Nürnberg ging eindeutig davon aus, dass es sich um Versetzungen handelte. Da der Betriebsrat nicht beteiligt worden war, waren die Versetzungen aufzuheben. Die Arbeitgeber wurden also verurteilt, die Arbeitnehmer wieder an den bisherigen Standorten einzusetzen.

Dabei war das Arbeitsgericht von denjenigen Eckpunkten ausgegangen, die das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Auslegung des Begriffs Arbeitsbereich in ständiger Rechtsprechung zugrunde legt. „Arbeitsbereich“ umfasst danach die Aufgabe und Verantwortung des Arbeitnehmers sowie die Art seiner Tätigkeit und ihre Einordnung in den Arbeitsablauf des Betriebs. Der Begriff ist räumlich und funktional zu verstehen. Er schließt neben der Arbeitsleistung auch die Art der Tätigkeit und den gegebenen Platz in der betrieblichen Organisation ein.

Um die Zuweisung eines „anderen“ Arbeitsbereichs handelt es sich, wenn sich das gesamte Bild der Tätigkeit des Arbeitnehmers so verändert hat, dass die neue Tätigkeit vom Standpunkt eines mit den betrieblichen Verhältnissen vertrauten Beobachters nunmehr als eine „andere“ anzusehen ist. Dies kann sich auch aus einer Änderung des Arbeitsorts ergeben und mit einer Änderung der Stellung des Platzes des Arbeitnehmers innerhalb der betrieblichen Organisation durch Zuordnung zu einer anderen betrieblichen Einheit verbunden sein. So hatte es vor einem guten Jahr das BAG entschieden (29.9.2020, Az. 1 ABR 21/19).

Zuweisung eines anderen Arbeitsorts macht die Aktion zur Versetzung

In dem Fall vor dem LAG Nürnberg lag die Zuweisung eines anderen Arbeitsorts vor, 12 km entfernt vom bisherigen Einsatzort. Nach der Überzeugung der Richter gab diese Zuweisung der Tätigkeit ein anderes Gesamtgepräge, sodass allein dieser Umstand den zugewiesenen Arbeitsbereich als einen „anderen“ erscheinen ließ.

Versetzungen waren rechtswidrig

Die Versetzungen waren aufzuheben, da der Betriebsrat im Vorfeld nicht ordnungsgemäß beteiligt worden war.

Das gilt bei Ihnen im öffentlich-rechtlichen Bereich

Wenn es um eine Versetzung, Abordnung, Zuweisung oder Personalgestellung geht, schauen Sie in § 4 Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst. Die Beteiligung des Personalrats ist in § 78 Abs. 1 Nr. 5, 6, 7 BPersVG vorgeschrieben. Danach haben Sie bei den folgenden Maßnahmen mitzubestimmen:

  • Versetzung in eine andere Dienststelle
  • Umsetzung innerhalb der Dienststelle für mehr als 3 Monate, wenn die Umsetzung mit einem Wechsel des Dienstorts verbunden ist und der neue Dienstort sich außerhalb des Einzugsgebiets im Sinne des Umzugskostenrechts befindet
  • Abordnung, Zuweisung oder Personalgestellung für mehr als 3 Monate

Keine Zustimmung, keine Wirksamkeit

Die beabsichtigte Maßnahme darf Ihr Dienstherr nach § 70 Abs. 1 BPersVG nur aussprechen, wenn Ihre Zustimmung als Personalrat vorliegt.

So geht der Streit weiter

Einigen Sie als Personalrat sich nicht mit Ihrem Dienstherrn, kann die fehlende Zustimmung durch eine Einigung der übergeordneten Dienststelle mit der dort bestehenden Stufenvertretung ersetzt werden. Sollte auch hier keine Einigkeit erzielt werden, entscheidet als letzte Instanz die Einigungsstelle. So steht es in § 74 Abs. 3 BPersVG.

Einigungsstelle oder Verwaltungsgericht?

Auch wenn das BPersVG vom sogenannten Konsensprinzip ausgeht, kommt es auch mal vor, dass die Leiterin oder der Leiter der Dienststelle und der Personalrat in bestimmten Angelegenheiten sich nicht einigen. Im Regelfall kommt also das Stufenbzw. Einigungsstellenverfahren zum Zuge. Doch wann entscheidet das Verwaltungsgericht?

In welchen Fällen die Verwaltungsgerichte entscheiden

Die Verwaltungsgerichte entscheiden in den in § 108 BPersVG festgelegten Streitigkeiten. Entsprechende sehr ähnliche Normen finden sich in den Landesvertretungsgesetzen.

Häufig geht es bei dem Streit darum, ob dem Personalrat in einer bestimmten Angelegenheit überhaupt ein Beteiligungsrecht zusteht. Das wäre in dem oben genannten Beispiel aus der freien Wirtschaft so gewesen. Der Arbeitgeber meinte, den Betriebsrat gar nicht beteiligen zu müssen, da es sich nicht um eine Versetzung gehandelt habe.

Immer dann, wenn es darum geht, ob der Dienstherr Ihre Beteiligungsrechte missachtet hat, sind die Verwaltungsgerichte zuständig. Das gilt übrigens auch bei Streitigkeiten darüber, ob Seminarkosten für die Fortbildung von Personalratsmitgliedern zu übernehmen sind.

Was ein Einigungsstellenverfahren regelt

Die Verwaltungsgerichte entscheiden dagegen keine Regelungsstreitigkeiten. Dort geht es um Fragen, wie einzelne Angelegenheiten zu regeln sind. Für solche Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Dienstherrn und dem Personalrat gibt das BPersVG vor, die Mitbestimmungsangelegenheiten durch die Möglichkeit der Entscheidung durch die Einigungsstelle zu regeln.

Beschluss erforderlich

Letztendlich ist das Beschlussverfahren vor dem Verwaltungsgericht also ein scharfes Schwert und im Regelfall das letzte Mittel für Sie als Personalrat, Ihre Rechte durchzusetzen. Vor dem Einleiten von Verwaltungsgerichtsverfahren ist stets ein Beschluss Ihres Gremiums erforderlich. Darin sollten Sie auf einer ordnungsgemäß einberufenen Sitzung festhalten,

  • in welcher Angelegenheit ein Beschlussverfahren eingeleitet sowie
  • dass und welcher Rechtsanwalt mit der Vertretung des Personalrats beauftragt werden soll.

Stimmen Sie der Versetzung nicht zu, bleibt Ihrem Dienstherrn nur die Abordnung

Sowohl das Einigungsstellenverfahren als auch das Beschlussverfahren vor dem Verwaltungsgericht werden alles andere als schnell abgeschlossen, das können viele Wochen oder Monate werden. Deshalb kann der Dienstherr nach § 76 BPersVG eine vorläufige Regelung in Fällen treffen, die der Natur der Sache nach keinen Aufschub dulden.

Das geht aber bei einer Versetzung nicht, da die Versetzung ihrem Wesen nach eine endgültige Maßnahme ist und damit nicht nur vorläufig durchgeführt werden kann. Plant Ihr Dienstherr eine Versetzung und verweigern Sie als Personalrat die Zustimmung, kann die vorläufige Maßnahme nur als Abordnung ausgesprochen werden.

Ihre möglichen Verweigerungsgründe aus dem Gesetz

§ 78 Abs. 5 BPersVG legt fest, wann Sie als Personalrat Ihre Zustimmung verweigern dürfen. Das ist der Fall, wenn

  • die Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Bestimmung in einem Tarifvertrag, eine gerichtliche Entscheidung, den Gleichstellungsplan, eine Verwaltungsanordnung oder eine Richtlinie verstößt,
  • die Besorgnis besteht, dass durch die Maßnahme der oder die betroffene Beschäftigte oder andere Beschäftigte benachteiligt werden, ohne dass dies aus dienstlichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist, oder
  • die Besorgnis besteht, dass die oder der Beschäftigte oder die Bewerberin oder der Bewerber den Frieden in der Dienststelle durch unsoziales oder gesetzwidriges Verhalten stören werde.

Wann Ihr Dienstherr die Maßnahme unterlassen oder rückgängig machen muss

Einen Anspruch des Personalrats auf Unterlassen einer Maßnahme im Fall einer Verletzung seines Mitbestimmungsrechts aufgrund von Verfahrensmängeln hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) bisher nicht anerkannt. Es müsse sich vielmehr ausdrücklich und speziell aus dem Gesetz ergeben, dass den Pflichten der Dienststellenleitung im Mitbestimmungsverfahren Rechtsansprüche des Personalrats gegenüberstünden.

Wenn der Dienstherr die Maßnahme bereits umgesetzt hat

Anders ist es im praktischen Ergebnis, wenn die Maßnahme unter Missachtung des Personalrats und der Rechte aus dem Beteiligungsverfahren schon vollzogen ist: In dem Fall haben Sie als Personalrat grundsätzlich einen Anspruch auf Nachholen des Mitbestimmungsverfahrens, der dazu führen kann, dass die vollzogene Maßnahme rückgängig gemacht werden muss, sofern dies tatsächlich und rechtlich möglich ist (BVerwG, 11.5.2011, Az. 6 P 4.10).

Der Feststellungsantrag

Kann die Maßnahme aber nicht mehr rückgängig gemacht oder geändert werden, bleibt Ihnen als Personalrat die Möglichkeit, einen Feststellungsantrag zu stellen, dass Ihr Mitbestimmungsrecht als Personalrat verletzt worden ist.

Übersicht: Die Verletzung Ihres Mitbestimmungsrechts

Eine Verletzung des Mitbestimmungsrechts liegt vor, wenn der Dienstherr bei einer mitbestimmungspflichtigen Maßnahme

  • den Personalrat überhaupt nicht beteiligt,
  • den Personalrat nicht ordnungsgemäß beteiligt,
  • nicht den zuständigen Personalrat beteiligt,
  • sich über die Zustimmungsverweigerung des Personalrats hinwegsetzt,
  • gegen wesentliche Verfahrensvorschriften verstößt.

Gehen Sie in jedem Fall gegen die fehlerhafte Beteiligung vor!

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