Nirgendwo wird so viel befristet wie im öffentlichen Dienst und nirgendwo so viel wie an Schulen. An einer Schule spielt auch der folgende Fall – und er zeigt deutlich: Ihr Dienstherr kann sich bei Beteiligungsrechten ein gutes Stück seiner Arbeit entledigen (Landesarbeitsgericht Düsseldorf, 19.5.2023, Az. 7 Sa 770/22).
Der Fall: Ein Lehrer war vom 7.9.2015 bis zum 2.12.2015 als Lehrkraft in Nordrhein-Westfalen (NRW) beschäftigt. Ab dem 30.11.2020 folgten mehrere Arbeitsverträge für ihn an einer Gesamtschule. Der erste Vertrag war bis zum 24.3.2021 befristet. Es folgten jeweils befristete Verlängerungen bis zum 17.8.2021 und bis zum 9.11.2022. Zuletzt wurde der Arbeitsvertrag am 10.1.2022 bis zum 24.4.2022 verlängert.
Befristungsgrund für die letzte Befristung war „konkreter Vertretungsbedarf wegen Erkrankung“ einer namentlich genannten Lehrerin. Der Personalrat wurde ordnungsgemäß beteiligt. Eine konkrete und auf diese Befristung bezogene Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten erfolgte aber nicht. Der Grund: Das zuständige Dezernat der Bezirksregierung hatte schon am 17.10.2018 mit den Gleichstellungsbeauftragten aller Schulformen eine Vereinbarung geschlossen, die eine generelle Zustimmungserklärung enthielt, und zwar:
„2. Generelle Zustimmungserklärung
Die Gleichstellungsbeauftragten erteilen ihre allgemeine und im Einzelfall widerrufliche Zustimmung in nachfolgenden Fällen, die nicht belastend für die Lehrkraft und in denen Dritte nicht betroffen sind. Dies ist grundsätzlich bei den unten genannten Vorgängen der Fall, die antragsgemäß beraten und entschieden werden. Diese generelle Zustimmung dient der organisatorischen und zeitlichen Straffung von Verfahrensabläufen; die Ziele des Landesgleichstellungsgesetzes (LGG) NRW werden hierdurch nicht unterlaufen. Bei den im Folgenden aufgelisteten Tatbeständen gilt die Zustimmung als generell erteilt. Es besteht jedoch ein Rückholrecht im Einzelfall.
● Einstellung (befristet und unbefristet) […]“
Diese generelle Erklärung wollte der Lehrer nicht gelten lassen. Er klagte trotzdem. Die letzte Befristung sei unwirksam. Die Anhörungen des Personalrats und der Gleichstellungsbeauftragten seien nicht ordnungsgemäß erfolgt. Die Befristung sei deswegen unwirksam.
Zustimmung auf Vorrat ist legitim
Das Urteil: Der Lehrer scheiterte. Auch die letzte Befristung war wirksam vereinbart. Zum einen liegt für die Befristung ein konkret nachgewiesener Vertretungsbedarf für eine erkrankte Lehrkraft als Sachgrund vor. Anhaltspunkte für einen institutionellen Rechtsmissbrauch bestehen angesichts von Dauer und Anzahl der Befristungen nicht. Sowohl der Personalrat als auch die Gleichstellungsbeauftragte waren ordnungsgemäß beteiligt worden.
Grundlage der generellen Zustimmungserklärung ist § 18 Abs. 6 LGG NRW. Diese Vorschrift sieht Verfahrensvereinbarungen vor. Genannt wird auch eine Zustimmungsfiktion. Diese Fiktion ist wirksam, auch wenn die Gleichstellungsbeauftragte nicht konkret von der Befristung unterrichtet wird.
FAZIT
BAG könnte anders entscheiden
Die Revision zum Bundesarbeitsgericht (BAG) wurde zugelassen, dieses kann die Sachlage also noch anders beurteilen. Ich persönlich habe auch meine Probleme mit einer Zustimmungsfiktion – denn der Einzelfall wird so schlicht nicht mehr betrachtet. Ich finde, solche Erklärungen öffnen dem Dienstherrn Tür und Tor für Missbrauch. Gleichstellungsbeauftragte sollten sich gut überlegen, ob sie dieses Mittel nutzen oder nicht. Trotzdem müssen wir nun aber die Entscheidung des BAG abwarten.
Sie bestimmen mit
Als Personalrat bestimmen Sie bei der Befristung mit. Sehen Sie hier genau hin:
● Sagen Sie Nein zu Kettenbefristungen (hier werden Befristungen über mehrere Jahre aneinandergereiht).
● Sagen Sie Nein zur Befristung, wenn auch eine unbefristete Anstellung erfolgen kann und Ihr Dienstherr dies auch schon kommuniziert hat.
● Sagen Sie Nein zur Befristung, wenn ein Kollege in Teilzeit seine Stunden aufstocken kann.
Befristete Arbeitsverhältnisse sind vom Gesetzgeber an sich unerwünscht, sie belasten die Beschäftigten, weil sie keine Sicherheit bieten. Die Beschäftigten fühlen sich schlicht nicht vollwertig. Dies sollten Sie bei Ihrer Mitbestimmung immer im Hinterkopf behalten.
Schriftform ist Pflicht
Denken Sie auch immer daran, dass Befristungen schriftlich zu vereinbaren sind. Ohne Schriftform ist die Befristung unwirksam. Ihre Kolleginnen und Kollegen stehen dann in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis.

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