Korrigierende Rückgruppierung und Vertrauensschutz

11. Juni 2024

Das Eingruppierungsrecht gehört mit zu den schwierigsten Gebieten im öffentlichen Dienst. Da verwundert es auch nicht, dass viele Eingruppierungen fehlerhaft sind. Was aber, wenn jemand zu hoch eingruppiert wurde und dann rückgruppiert werden soll – kann sich dieser Beschäftigte dann auf Vertrauensschutz berufen und in der höheren Entgeltgruppe bleiben oder nicht? (Bundesarbeitsgericht (BAG), 13.12.2023, Az. 4 AZR 322/22)

Höhergruppierung auf eigenen Antrag

Der Fall: Eine Beschäftigte war seit 2016 in einer der von der Arbeitgeberin betriebenen Kliniken der Neurologie und Akutgeriatrie als Ergotherapeutin angestellt. Die Beschäftigung erfolgte erst befristet, später erhielt sie einen unbefristeten Arbeitsvertrag. Sie stellte damals den Antrag, in die höhere Entgeltgruppe EG 9b eingestuft zu werden. Dies war auch geschehen. Im Jahr danach nahm die Klinik aber eine korrigierende Rückgruppierung in die Entgeltgruppe 9a Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Kommunen (TVöD-VKA) vor. Die Beschäftigte war damit nicht einverstanden. Sie verlangte, weiterhin nach Entgeltgruppe 9b TVöD-VKA vergütet zu werden. Eine korrigierende Rückgruppierung käme aus Vertrauensschutzgründen nicht in Betracht. Da man sich nicht einigen konnte, landete der Fall letztlich vor dem BAG.

Info: Antrag nach § 29b TVöD-VKA: Antragsrecht aus dem Jahr 2017


Für den TVöD-VKA wurde 2017 eine neue Entgeltordnung beschlossen. Dadurch konnte sich für Beschäftigte aufgrund der Änderung der Tätigkeitsmerkmale trotz gleichbleibender Tätigkeit ein Anspruch auf Höhergruppierung ergeben. Diesen konnten sie per Antrag nach § 29b TVöD-VKA geltend machen.

§ 29 Abs. 1 TVöD-VKA: Höhergruppierungen Ergibt sich nach der Anlage 1 – Entgeltordnung (VKA) zum TVöD eine höhere Entgeltgruppe, sind die Beschäftigten auf Antrag in der Entgeltgruppe eingruppiert, die sich nach § 12 (VKA) TVöD ergibt. Der Antrag konnte nur bis zum 31. Dezember 2017 gestellt werden (Ausschlussfrist) und wirkt auf den 1. Januar 2017 zurück. Nach dem Inkrafttreten der Anlage 1 – Entgeltordnung (VKA) zum TVöD eingetretene Änderungen der Stufenzuordnung in der bisherigen Entgeltgruppe bleiben bei der Stufenzuordnung nach den Absätzen 2 bis 5 unberücksichtigt. Ruht das Arbeitsverhältnis am 1. Januar 2017, beginnt die Frist von einem Jahr nach Satz 1 mit der Wiederaufnahme der Tätigkeit; der Antrag wirkt auf den 1. Januar 2017 zurück.

Kein Vertrauensschutz bei erstmaliger Rückgruppierung

Das Urteil: Der Dienstherr gewann. Die Beschäftigte hat im Jahr 2018 selbst einen Antrag nach § 29 b Abs. 1 Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA) auf Höhergruppierung gestellt. Eine korrigierende Rückgruppierung liegt vor, wenn der Dienstherr einen Beschäftigten einer niedrigeren Entgeltgruppe als der zuvor als zutreffend angenommenen Entgeltgruppe zuordnet. Grundsätzlich obliegt die Zuteilung zu Entgeltgruppen aufgrund dessen Sachnähe und Kompetenz dem Dienstherrn. Der Arbeitnehmer darf darauf vertrauen, dass diese Zuordnung korrekt erfolgt. Dieses Vertrauen des Arbeitnehmers ist derart schutzwürdig, dass der Dienstherr eine Rückgruppierung nicht vornehmen darf, weil dies gegen die Grundsätze von Treu und Glauben verstoßen würde. Wird eine erstmalige Rückgruppierung vorgenommen, ist noch kein besonderes Vertrauen entstanden. Ein treuwidriges Verhalten würde aber vorliegen, wenn die Rückgruppierungsentscheidung erneut geändert werden würde, obwohl sich an den äußeren Umständen nichts geändert hat.

Fazit: Das ist unter „Eingruppierung“ zu verstehen

Nach § 78 Abs. 1 Nr. 4 Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG) bzw. Ihrer landesgesetzlichen Regelung bestimmen Sie bei Eingruppierung, Höher- und Rückgruppierung mit. Unter Eingruppierung versteht man die Zuordnung von Beschäftigten und der von ihnen auszuübenden Tätigkeit zu einer bestimmten Vergütungsgruppe innerhalb eines kollektiven Vergütungsschemas. Ihre Rolle als Personalrat ist daher sehr wichtig, denn falsch eingruppiert kann bedeuten, dass ein Kollege oder eine Kollegin weniger Gehalt bekommt, als ihm/ihr zusteht. Sie müssen sich also auch in diesem Bereich gut auskennen! Auch wenn das BPersVG bzw. Ihre Landesmitbestimmungsgesetze von Mitbestimmung sprechen, haben Sie eher ein Mitbeurteilungsrecht. Ihr Dienstherr bestimmt die auszuübende Tätigkeit, die Eingruppierung selbst ist im Tarifvertrag, im TVöD, geregelt. Der Dienstherr muss die Stelle bewerten und dann in die entsprechende Gruppe eingruppieren. Klingt einfach, hat es in der Praxis aber in sich! Als Personalrat haben Sie die Aufgabe, zu prüfen, ob der Dienstherr den Tarifvertrag richtig angewendet und den Beschäftigten damit richtig eingruppiert hat.

Rückgruppierung Vertrauensschutz
Sie haben eine individuelle Sachlage, die Sie kurz besprechen möchten? Dann schreiben Sie unsere Experten über den nachfolgenden Button an.

Preview Image
Experten befragen

Sie erhalten innerhalb von 24 Stunden Ihre Antwort!
Neueste Beiträge