Mit Eintritt in den Ruhestand enden die beamtenrechtlichen Pflichten noch lange nicht

17. September 2024

Ein typischer Irrtum von Beamten ist, zu glauben, dass die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit automatisch auch die beamtenrechtlichen Pflichten beendet. In einem kürzlich entschiedenen Fall entschied das Verwaltungsgericht (VG) Köln, ob ein in den vorzeitigen Ruhestand versetzter Beamter eine Überprüfung seines Gesundheitszustands nach vielen Jahren verweigern darf (28.3.2024, Az. 15 L 545/24). Der Beamte war sehr überrascht.

Der Fall: Ein Beamter war 1996 in den Ruhestand versetzt worden. Im März 2024, also fast 30 Jahre später, ordnete der Dienstherr eine ärztliche Untersuchung zur Überprüfung der Dienstfähigkeit an. Der Beamte hielt dies für rechtswidrig und klagte gegen diese Anordnung. Gleichzeitig beantragte er eine einstweilige Verfügung mit dem Ziel, festzustellen, dass er bis zur Klärung in der Hauptsache nicht verpflichtet sei, sich ärztlich untersuchen zu lassen.

Die Entscheidung: Das VG lehnte die begehrte einstweilige Anordnung ab. Nach Ansicht des Gerichts bestand hinreichender Anlass für eine aktuelle Untersuchung im Hinblick auf die Dienstfähigkeit. Es müsse festgestellt werden, ob die Voraussetzungen für die seinerzeit vorliegende Dienstunfähigkeit noch gegeben sind.

§ 46 Abs. 1 Satz 2 BBG: Wiederherstellung der Dienstfähigkeit


[…] Der Dienstherr ist verpflichtet, in regelmäßigen Abständen das Vorliegen der Voraussetzungen für die Dienstunfähigkeit zu überprüfen, es sei denn, nach den Umständen des Einzelfalls kommt eine erneute Berufung in das Beamtenverhältnis nicht in Betracht.

Ähnliche Vorschriften gibt es in Landesbeamtengesetzen, z. B. § 50 Niedersächsisches Beamtengesetz. Der Grund ist, dass Beamte, die wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt wurden, grundsätzlich verpflichtet sind, einer erneuten Berufung in das Beamtenverhältnis Folge zu leisten. § 46 Bundesbeamtengesetz (BBG) sieht dies z. B. dann vor, wenn ihnen im Dienstbereich ihres früheren Dienstherrn ein Amt ihrer früheren oder einer anderen Laufbahn mit mindestens demselben Endgrundgehalt übertragen werden soll und zu erwarten ist, dass sie den gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes genügen werden.

Langer Zeitraum ändert daran nichts

Daran ändert nach Ansicht des Gerichts auch der lange Zeitraum zwischen der Versetzung in den Ruhestand und der angeordneten Untersuchung nichts. Die Gesetzeslage sei eindeutig. Daher könne auch aus dem langen Zeitraum nicht abgeleitet werden, dass der Dienstherr auf eine solche Untersuchung verzichte.

Insbesondere könne vor diesem Hintergrund auch nicht angenommen werden, dass der Dienstherr sein Recht, eine Kontrolluntersuchung anzuordnen, verwirkt habe.

Info: Verwirkung: Zeitablauf allein reicht nicht


Ein Recht kann verwirkt sein, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Umstandsmoment).

Es fehlten Anhaltspunkte für einen Verzicht des Dienstherrn

Nach Ansicht des Gerichts fehlt es jedenfalls an dem Umstandsmoment. Abgesehen davon, dass der Dienstherr der Frage der Dienstunfähigkeit lange nicht nachgegangen sei, sei kein Verhalten des Dienstherrn festzustellen, aus dem der ehemalige Beamte hätte ableiten können, der Dienstherr wolle ihn für alle Zukunft nicht mehr beschäftigen und deshalb auf sein Recht zur Überprüfung des Gesundheitszustands verzichten.

Fazit: Warnen Sie vor!

Auf diese Situation sollten Sie Kolleginnen und Kollegen immer ausdrücklich aufmerksam machen, wenn die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand im Raum steht. Denn oft richten sich die Betroffenen dann auf einen dauerhaften Ruhestand ein. Meldet sich dann der Dienstherr nach Jahren, ist die Überraschung unter Umständen groß.

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