Finanziert der Dienstherr einem Mitarbeiter eine teure oder lang dauernde Fortbildung, ist es üblich und auch legitim, Rückzahlungsklauseln z. B. für den Fall des Weggangs des Mitarbeiters unmittelbar nach der Fortbildung zu vereinbaren. Formuliert Ihr Dienstherr diese Klauseln zu ungenau, kann sich der betroffene Mitarbeiter freuen – wie hier ein Polizeianwärter aus Hessen (Verwaltungsgericht Gießen, 15.3.2023, Az. 5 K 1906/22.G).
Der Fall: Ein Polizeianwärter war mitten in seiner Ausbildung bei der Hessischen Polizeiakademie. 2,5 Jahre seiner Ausbildung hatte er als Beamter auf Widerruf bereits hinter sich gebracht, als er aus dem Dienst entlassen wurde. Bei seiner Einstellung hatte er eine Vereinbarung mit folgendem Wortlaut unterschrieben: „Sie dürfen im Anschluss an Ihre Ausbildung nicht vor Ablauf einer Mindestdienstzeit von 5 Jahren aus einem von Ihnen zu vertretenden Grund aus dem öffentlichen Dienst ausscheiden.“
Das Land Hessen berief sich nun auf diese Klausel und verlangte von dem Polizeianwärter rund 25.000 €. Als dieser nicht zahlte, landete der Fall vor Gericht.
Mitten in der Ausbildung ist nicht nach der Ausbildung
Das Urteil: Das Land Hessen verlor. Denn der Mitarbeiter war nicht im Anschluss an seine Ausbildung ausgeschieden, sondern noch während der Ausbildung. Auf diesen Fall bezog sich die Rückzahlungsklausel schlicht nicht.
Rückzahlungsklauseln sind grundsätzlich erlaubt
Beachten Sie, dass Rückzahlungsklauseln grundsätzlich erlaubt sind. Ihr Dienstherr muss dabei aber die folgenden Voraussetzungen beachten:
1. Der Kollege muss profitieren
Eine Rückzahlungsklausel kommt nur dann in Betracht, wenn auch der Kollege von der Fortbildung profitiert. Dies ist der Fall, wenn er sie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einsetzen kann, er also seinen Marktwert steigert. Fortbildungen, die nur dienststellenintern nutzbar sind, erfüllen diese Voraussetzung nicht.
2. Rückzahlung nur, wenn der Kollege das Beschäftigungsende zu vertreten hat
Außerdem darf in der Rückzahlungsvereinbarung eine Zahlungsverpflichtung für den Kollegen nur dann vorgesehen sein, wenn er das Ende des Arbeitsverhältnisses bzw. den Abbruch der Fortbildung zu vertreten hat. Also z. B. für den Fall, dass er kündigt, weil er etwas Besseres gefunden hat oder die Fortbildung einfach hinschmeißt. Wird er aber aus betriebsbedingten Gründen entlassen oder schafft er die Fortbildung aus gesundheitlichen Gründen nicht, kann die Dienststelle ihn nicht mit den Kosten belasten.
3. Keine Bindung auf ewig
Zudem darf der Kollege nicht unangemessen lange an die Dienststelle gebunden werden. Das würde seine Berufsausübungsfreiheit zu sehr einschränken. Sie können von folgender Faustregel ausgehen:
ÜBERSICHT: BINDUNGSDAUER NACH BEZAHLTER FORTBILDUNG | |
Dauer der Fortbildung | Maximale Bindungsdauer nach Fortbildung |
bis 1 Monat | 6 Monate |
bis 2 Monate | 12 Monate |
3 bis 4 Monate | 24 Monate |
6 bis 12 Monate | 36 Monate |
mehr als 24 Monate | 60 Monate |
Ihr Kollege muss wissen, mit welchem Kostenrisiko er bei einer durch den Dienstherrn bezahlten Fortbildung rechnen muss. In der Rückzahlungsvereinbarung sind deshalb die einzelnen Kostenpositionen und deren voraussichtliche Höhe zu nennen (also z. B. Lehrgangskosten, Verpflegungskosten). Ganz wichtig ist auch, dass in der Rückzahlungsvereinbarung geregelt ist, dass die Kostenlast mit jedem Monat des Verbleibs in der Dienststelle anteilig sinkt. Beispiel: bei einer Bindungsdauer von 6 Monaten um 1/6 pro Monat.
FAZIT
Auf die Formulierung der Rückzahlungsklauseln kommt es an
Es ist im Arbeits- und Dienstrecht nichts Neues, dass unklare oder lückenhafte Formulierungen zulasten des Arbeitgebers bzw. Dienstherrn gehen. Der Mitarbeiter müsste ja sonst immer raten, was der Dienstherr wirklich will bzw. was auf ihn zukommt. Stellt Ihr Dienstherr also Forderungen gegen Sie oder Kollegen, lesen Sie erst mal genau nach, worauf er seinen Anspruch stützt. Vielleicht hat er sich ähnlich ungeschickt ausgedrückt wie das Land Hessen im Fall.

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