Beamtenrecht: Mangelnde Verfassungstreue kostet Ruhegehalt

22. Februar 2022

Ruhestand, Rente – das Arbeitsleben hinter sich lassen und endlich nur das tun, was man will. So stellen sich viele die Zeit nach dem Arbeitsleben vor. Und das ist ja wirklich verständlich und nach einem harten Arbeitsleben auch fair. Aber: Für Beamte gilt dies nicht uneingeschränkt, denn sie sind Repräsentanten des Staates und bleiben dies auch im Ruhestand. Verfehlungen können hier sogar das Ruhegeld kosten (Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt, 31.1.2023, Az. 11 L 2/21).

Der Fall: Der 1963 geborene Ruhestandsbeamte war zunächst Berufssoldat und später Angestellter und Berufsbeamter bei der Bundeswehrverwaltung. Seit Januar 2013 war er krankheitsbedingt dienstabwesend. Im April 2020 wurde er wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt.

Im Jahr 2016 wurde ein beamtenrechtliches Disziplinarverfahren gegen ihn eingeleitet. Ihm wurde unter anderem vorgeworfen, dass er bei der Landtagswahl 2016 in Sachsen-Anhalt für die NPD kandidiert und unter seinem Facebook-Profil öffentlich Beiträge gepostet habe, die eindeutig Bezüge zum Rechtsextremismus enthielten. Am 19.10.2021 hatte das Verwaltungsgericht Magdeburg dem Beamten das Ruhegehalt aberkannt (Az. 15 A 5/21). Der Beamte ging in Berufung.

Verstoß gegen die beamtenrechtliche Kernpflicht zur Verfassungstreue

Die Entscheidung: Auch das Berufungsgericht hielt die Aberkennung des Ruhegehalts für richtig. Denn durch die Kandidatur für die NPD bei der Landtagswahl 2016 in Sachsen-Anhalt hatte der Ruhestandsbeamte gegen die beamtenrechtliche Kernpflicht zur Verfassungstreue verstoßen.

Beamte müssen sich zur freiheitlichen demokratischen, rechts- und sozialstaatlichen Grundordnung des Grundgesetzes (GG) bekennen und für sie einstehen. Denn sie stehen zum Staat in einem besonderen öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis. Sie können für den Staat Anordnungen treffen und damit dessen Machtstellung durchsetzen.

Die NPD aber strebe nach ihren Zielen und dem Verhalten ihrer Anhänger die Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung an, so das Gericht. Das politische Konzept der NPD sei mit der Garantie der Menschenwürde im Sinne von Art. 1 Abs. 1 GG nicht vereinbar.

Mit der Kandidatur für die NPD bei der Landtagswahl 2016 hatte sich der Beamte für eine verfassungsfeindliche Organisation engagiert und für die Öffentlichkeit seine Unterstützung dieser Organisation und deren Ziele sichtbar gemacht. Mit den öffentlich einsehbaren Äußerungen auf seinem Facebook-Profil hatte er gegen seine Pflicht zur Verfassungstreue verstoßen. Zudem waren seine Äußerungen darauf gerichtet, die Bundesrepublik Deutschland, ihre verfassungsmäßigen Organe und die geltende Verfassungsordnung zu diffamieren und lächerlich zu machen.

Die Aberkennung des Ruhegehalts sei zwar eine einschneidende Maßnahme, aber einen Beamten im Dienst hätte man bei diesem Sachverhalt aus dem Dienst entfernen müssen. Insofern sei die Aberkennung des Ruhegehalts gleichwertig, urteilten die Richter.

FAZIT

Verfassungstreuepflicht wird in den Ruhestand mitgenommen

Einmal Beamter, immer Beamter – was die Verfassungstreuepflicht angeht, stimmt das zumindest. Man kann nicht während der Arbeitszeit einen Staat repräsentieren und dessen Befugnisse durchsetzen und dann nach Feierabend genau gegenteilig handeln. Dass sich das beißt und den Staat schwächen würde, liegt auf der Hand. Gerade in der heutigen Zeit müssen demokratische Werte großgeschrieben und verteidigt werden, von uns allen, aber vor allen Dingen durch die Staatsdiener. Was es bedeutet, wenn sich Staatsdiener von demokratischen Werten abwenden, wissen wir alle: Diktatur, Unterdrückung, Willkür und Krieg. Das kann keiner ernsthaft wollen.

WICHTIG: Klare Kante zeigen

Bei Ihnen im Personalrat bilden die Beamten eine Gruppe. Jede Gruppe muss entsprechend ihrer Stärke im Personalrat vertreten sein, § 17 Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG). Dieses Gruppenprinzip gilt in vielen Bereichen des BPersVG: Stellen Sie im Rahmen der Gremiumsarbeit bei einem Kollegen Tendenzen zum Radikalismus fest, sagen Sie ihm klipp und klar, dass dies bei Ihnen auf keinerlei fruchtbaren Boden stößt. Nur mit einer klaren Haltung kann man die Menschen wieder zurückholen auf demokratischen Boden. Man kann es auch frei nach Herbert Grönemeyer sagen: „Kein Millimeter nach rechts!“ Wobei ich mich da nicht auf rechts beschränke – wenn eine Meinung militant oder radikal wird, dann wird es immer gefährlich!

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