Corona: Arbeitgeber darf Testpflicht anordnen

05. Juni 2022

Zur Überraschung vieler hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) eindeutig geurteilt, dass Arbeitgeber Coronatests im Betrieb anordnen dürfen (1.6.2022, Az. 5 AZR 28/22). Das Urteil wird auch für Ihre Behörde gelten.

Eine Flötistin war an der Bayerischen Staatsoper mit einem Bruttomonatsgehalt von 8.351,86 € beschäftigt. Zu Beginn der Spielzeit 2020/2021 hatte die Bayerische Staatsoper zum Schutz der Mitarbeiter vor COVID-19-Erkrankungen bereits bauliche und organisatorische Maßnahmen ergriffen.

Zudem hatte sie im Rahmen ihres betrieblichen Hygienekonzepts in Zusammenarbeit mit dem Institut für Virologie der Technischen Universität München und dem Klinikum rechts der Isar eine Teststrategie entwickelt. Vorgesehen waren

  • die Einteilung der Beschäftigten in Risikogruppen und
  • je nach Gruppe die Verpflichtung zur Durchführung von PCR-Tests in unterschiedlichen Zeitabständen.

Arbeitgeber verlangt PCR-Tests

Als Orchestermusikerin sollte die Arbeitnehmerin zunächst wie alle Mitarbeiter zu Beginn der Spielzeit einen negativen PCR-Test vorlegen und in der Folge weitere PCR-Tests im Abstand von 1 bis 3 Wochen vornehmen lassen. Die Bayerische Staatsoper bot hierfür kostenlose PCR-Tests an. Alternativ konnten die Mitarbeiter PCR-Testbefunde eines von ihnen selbst ausgewählten Anbieters vorlegen. Der Flötistin wurde mitgeteilt, dass sie ohne Testung nicht an Aufführungen und Proben teilnehmen könne.

Flötistin legt keine Tests vor

Doch sie weigerte sich, entsprechende Tests durchführen zu lassen. Sie meinte, die Tests seien zu ungenau und ein unverhältnismäßiger Eingriff in ihre körperliche Unversehrtheit. Zudem seien anlasslose Massentests unzulässig.

Kein Test = kein Gehalt

Daraufhin zahlte der Freistaat Bayern für 2 Monate ihre Gehälter nicht mehr. Danach legte die Flötistin doch PCR-Testergebnisse vor.

Arbeitnehmerin klagte

Schließlich verlangte sie die Bezahlung für die 2 Monate von Ende August bis Ende Oktober 2020 sowie die künftige Beschäftigung ohne Vorlegen von Tests jedweder Art. Da der Arbeitgeber nicht darauf einging, zog sie vor Gericht.

BAG weist die Klage ab

Die Klage der Flötistin wurde abgewiesen. Denn der Arbeitgeber ist nach § 618 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch verpflichtet, die Arbeitsleistungen so zu regeln, dass die Arbeitnehmer gegen Gefahren für Leben und Gesundheit geschützt sind. Die öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutznormen des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) konkretisieren den Inhalt der Fürsorgepflichten, die dem Arbeitgeber hiernach im Hinblick auf die Sicherheit und das Leben der Arbeitnehmer obliegen.

Zur Umsetzung arbeitsschutzrechtlicher Maßnahmen kann der Arbeitgeber Weisungen nach § 106 Satz 2 Gewerbeordnung hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb erteilen. Das hierbei zu beachtende billige Ermessen wird im Wesentlichen durch die Vorgaben des ArbSchG konkretisiert. Deshalb war die Anweisung des Arbeitgebers zur Durchführung von PCR-Tests nach dem betrieblichen Hygienekonzept der Bayerischen Staatsoper in Ordnung.

Anweisungen waren rechtmäßig

Die auf diesem Konzept beruhenden Anweisungen an die Flötistin waren rechtmäßig. Der mit der Durchführung der Tests verbundene minimale Eingriff in die körperliche Unversehrtheit ist verhältnismäßig. Auch das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung macht die Testanordnung nicht unzulässig, zumal ein positives Testergebnis mit Blick auf die infektionsschutzrechtlichen Meldepflichten und die Kontaktnachverfolgung ohnedies im Betrieb bekannt wird.

Der Antrag auf Beschäftigung, mit dem die Arbeitnehmerin ihren Einsatz ohne Verpflichtung zur Durchführung von Tests jeglicher Art zur Feststellung von SARS-CoV-2 erreichen wollte, war ebenfalls unbegründet. Denn der für die Zahlungsanträge maßgebliche Zeitraum zeigte bereits, dass wirksame Testanordnungen möglich sind.

Entscheidungen in jeder Behörde anders

Ihr Dienstherr darf also zur Umsetzung seiner arbeitsschutzrechtlichen Verpflichtungen auf Grundlage eines betrieblichen Schutz- und Hygienekonzepts Coronatests einseitig anordnen. Bei Erstellung eines solchen Konzepts sind Sie als Personalrat natürlich zu beteiligen.

Nach derzeitigem Kenntnisstand wird uns das Thema Corona spätestens im Herbst wohl wieder einholen. Für den Fall sollten Sie bereits jetzt vorsorgen und entsprechende Konzepte verlangen.

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