Nun ist es amtlich festgestellt vom Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein: In der Freizeit muss ein Arbeitnehmer nicht auf sein Handy schauen und dienstliche SMS lesen (27.9.2022, Az. 1 Sa 39 öD/22).
Der Fall: Die wöchentliche Arbeitszeit eines Notfallsanitäters, für den der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst, Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände gilt, beträgt mit den Bereitschaftszeiten 48 Stunden. Zusätzlich gibt es einen Rahmendienstplan und aus dringenden betrieblichen Gründen können Änderungen im Dienstplan kurzfristig vorgenommen werden.
Der Arbeitgeber änderte den Dienstplan des Arbeitnehmers am Vortag kurzfristig. Er sollte statt wie geplant um 7.30 Uhr schon um 6 Uhr seinen Dienst antreten. Versuche, ihn telefonisch zu erreichen, schlugen fehl. Daher schickte ihm sein Dienstherr eine SMS um 13.27 Uhr für den geänderten Arbeitsbeginn am Folgetag.
Der Arbeitnehmer erschien jedoch nicht um 6 Uhr zur Arbeit, sondern meldete sich wie ursprünglich vorgesehen um 7.30 Uhr. Daraufhin erhielt er eine Ermahnung und der gesamte Tag wurde mit unentschuldigtem Fehlen und einem Abzug aus dem Arbeitszeitkonto bewertet. Dagegen klagte der Notfallsanitäter.
Der Mitarbeiter gewann die Klage in allen Punkten
Die Entscheidung: Für einen Beschäftigten ist das Lesen einer SMS, mit der der Dienstherr sein Direktionsrecht im Hinblick auf Zeit und Ort der Arbeitsausübung konkretisiert, Arbeitszeit. Der Arbeitnehmer erbringt mit dem Lesen daher eine Arbeitsleistung. In der Freizeit steht Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern das Recht auf Nichterreichbarkeit zu.
Es gehört zu den „vornehmsten Persönlichkeitsrechten“, dass ein Mensch selbst entscheidet, für wen er in dieser Zeit erreichbar sein will oder nicht. Ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin muss also keine dienstlichen SMS in der Freizeit lesen.

Sie erhalten innerhalb von 24 Stunden Ihre Antwort!