Nicht binäre Person als Gleichstellungsbeauftragte?

26. März 2022

Eine nicht binäre Person darf bei der Besetzung der Stelle einer Gleichstellungsbeauftragten ungleich behandelt werden. So urteilte das Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen (24.2.2023, Az. 16 Sa 671/22).

Zulässige unterschiedliche Behandlung wegen beruflicher Anforderungen

Eine unterschiedliche Behandlung […] ist zulässig, wenn dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist.

§ 8 Abs. 1 AGG

Der Fall: Eine Hochschule hatte eine Stelle als Gleichstellungsbeauftragte ausgeschrieben. Ein Bewerber, der sich keinem Geschlecht zugehörig ansah, bewarb sich hierauf. Das Niedersächsische Hochschulgesetz (NHG) sieht für die Besetzung des Amts der Gleichstellungsbeauftragten eine Frau vor.

In seiner Bewerbung beschrieb der Bewerber sich als nicht binäre Person. Das ist eine Sammelbezeichnung für Geschlechtsidentitäten aus dem Transgender-Spektrum, die sich nicht ausschließlich als männlich oder weiblich identifizieren und sich als außerhalb der 2-geteilten, binären Geschlechterordnung verstehen.

Die Hochschule lehnte die Bewerbung ab

Die Hochschule berücksichtigte den Bewerber für die Stellenbesetzung nicht. Sie sah sich durch § 42 NHG schon formell an der Einstellung einer anderen Person als eine Frau gehindert.

Bewerber klagte

Der Bewerber fühlte sich diskriminiert und wollte daraufhin eine Entschädigung erhalten. Deshalb klagte er vor den Arbeitsgerichten.

Die Auffassung des LAG Niedersachsen

Die Entscheidung: Seine Entschädigungsklage wurde abgewiesen. Zwar kann ein Mann grundsätzlich in gleicher Weise wie eine Frau an der Gleichberechtigung mitwirken und Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie entwickeln. Dies gilt jedoch nicht, wenn für einen Teil der Tätigkeiten das weibliche Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung ist. Das ist etwa der Fall, wenn Gleichstellungsbeauftragte insbesondere als Ansprechpartnerin bei sexuellen Belästigungen, deren Hauptbetroffene Frauen sind, dienen.

Sachlich gerechtfertigte Ungleichbehandlung

Der Bewerber wurde zwar gegenüber Bewerberinnen ungleich behandelt. Die Hochschule durfte den Bewerberkreis für das Amt der Gleichstellungsbeauftragten allerdings auf Frauen beschränken.

Nach § 8 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ist eine unterschiedliche Behandlung unter anderem wegen des Geschlechts zulässig, wenn dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung ist.

Dementsprechend kann das Geschlecht nur dann eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung bilden, wenn der (zukünftige) Mitarbeiter bzw. die Mitarbeiterin die Tätigkeit ohne das Merkmal nicht ordnungsgemäß ausführen kann. Abzustellen ist auf die konkret vom Arbeitnehmer auszuübende Tätigkeit, die sich nach dem vom Arbeitgeber festgelegten Konzept richtet.

Dies bejahte das Gericht wegen des Stellenund Aufgabenzuschnitts der Hochschule. Nach der Stellenanzeige der Hochschule und dem beschriebenen Aufgabenbereich berät die Gleichstellungsbeauftragte auch Hochschulangehörige in allen Fragen der Gleichstellung, der Vereinbarkeit von Studium und Beruf mit Familien- und Care-Aufgaben sowie in Fällen von Diskriminierung und sexueller Belästigung. Die Gleichstellungsbeauftragte dient danach insbesondere als Ansprechpartnerin bei sexuellen Belästigungen, deren Hauptbetroffene Frauen sind.

Frauen beraten Frauen

Ist es für die Funktion bzw. die Aufgabe wichtig, dass der Mitarbeitende demselben Geschlecht angehört wie die Ratsuchenden, ist es keine Diskriminierung, wenn die Dienststelle Bewerber eines anderen Geschlechts ablehnt.

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