Stellenbesetzungsverfahren darf nicht einfach so abgebrochen werden

05. Dezember 2022

Stellen Sie sich vor, Sie bewerben sich. Das Verfahren geht erst seinen Gang und dann heißt es auf einmal vonseiten des Dienstherrn: Das Stellenbesetzungsverfahren ist beendet, denn die eingereichten Beurteilungen der Bewerber sind nicht mehr aktuell. Dass dies so nicht gehen kann, liegt auf der Hand (Verwaltungsgericht Koblenz, 5.9.2022, Az. 2 L 772/22.KO).

Wird das Stellenbesetzungsverfahren eingestellt, sollten Bewerber dem Dienstherrn immer auf den Zahn fühlen, warum das so ist. Insbesondere muss der Dienstherr Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz beachten: „Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.“

Der Fall: Die Deutsche Telekom AG hatte ein Stellenbesetzungsverfahren für eine Beamtenstelle eingeleitet. Dann aber hat sie das Verfahren endgültig abgebrochen, mit der Begründung, die im Auswahlverfahren vorgelegten dienstlichen Beurteilungen der Bewerber seien nicht mehr hinreichend aktuell. Eine Bewerberin wollte das so nicht hinnehmen und zog vor Gericht. In einem Eilverfahren wollte sie klären lassen, dass der Abbruch rechtswidrig war und das Verfahren somit fortzusetzen sei.

Telekom handelte willkürlich

Die Entscheidung: Die Richter standen auf der Seite der Bewerberin. Die Entscheidung, das Stellenbesetzungsverfahren abzubrechen, war willkürlich. Ein Stellenbesetzungsverfahren kann zwar endgültig abgebrochen werden, aber dazu muss im Abbruchvermerk und in der Abbruchmitteilung dargelegt werden, aus welchen personalwirtschaftlichen bzw. organisationsrechtlichen Gründen das Verfahren endgültig eingestellt wird. Die fehlende Aktualität der dienstlichen Beurteilungen reicht jedenfalls nicht für einen Abbruch.

Die Telekom muss nun weiter auswählen. Das heißt zwar nicht, dass die Bewerberin auch genommen wird, aber immerhin hat sie noch eine Chance auf Auswahl!

Abbruch nur mit sachlichem Grund

Dienstherren dürfen ein Stellenbesetzungsverfahren abbrechen, aber nur aus sachlichem Grund. Dieser liegt etwa dann vor, wenn

•  eine Bewerbersituation entstanden ist, aufgrund derer der Dienstherr nach sachgerechter Prüfung zu der Auffassung gelangt, dass eine Beförderung eines Bewerbers dem Maßstab der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung nicht gerecht wird, oder

•  kein Bewerber den Erwartungen des Dienstherrn entspricht.

Der Dienstherr muss den Bewerbern den Abbruch rechtzeitig und in geeigneter Form mitteilen. Ich würde hier die Schriftform wählen. In der Mitteilung muss er unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass er das Stellenbesetzungsverfahren ohne Stellenbesetzung endgültig beenden will. Auch den Abbruchgrund muss er dem Bewerber mitteilen und in der Abbruchverfügung intern dokumentieren.

Gegen die Entscheidung ist Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht erhoben worden. Es kann also sein, dass es hier eine abweichende Entscheidung geben wird, wovon ich allerdings nicht ausgehe.

Endgültig ist wörtlich zu nehmen

Bricht der Dienstherr ein Stellenbesetzungsverfahren endgültig ab, ist das wörtlich zu nehmen. Initiiert er kurz nach dem Abbruch ein neues Verfahren, ist dies wiederum ein Hinweis darauf, dass der Dienstherr rechtswidrig gehandelt hat. Die abgelehnten Bewerber könnten hier rechtliche Schritte prüfen!

Denn leider kommt es oft vor, dass Dienstherren das Stellenbesetzungsverfahren abbrechen, weil ihr Wunschbewerber nicht dabei war. Es wird einfach so lange abgebrochen und dann weitergesucht, bis der Wunschbewerber dabei ist.

Erforderlich hierfür ist zwar ein sachlicher Grund – der Dienstherr darf sich nicht rechtsmissbräuchlich verhalten –, allerdings wenden gerade die Arbeitsgerichte bei „unternehmerischen“ Entscheidungen die Rechtsmissbrauchskontrolle zurückhaltend an.

Die Bewerber sind hier klar im Nachteil – um dies zu ändern, müssen Sie als Personalrat bei solchem Verhalten immer den Finger in die Wunde legen, die Bewerber müssen sich gerichtlich wehren!

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